Gedichte im Islam
O Gott, gib meinem Herzen

von Abdullah Ansari, übersetzt von Prof. Annemarie Schimmel

O Herr, gib meinem Herzen voll Gnade Lebensgeist,
da allem Schmerz geduldig Du Arzneien leihst !
Was wüsst' ich armer Sklave, was es zu suchen gilt ?
Der Wissende bist nur du - so gib mir, was du weißt!
O Gott nimm meine Entschuldigung an
und halte nicht fest was ich Böses getan !
O Gott unser Leben ist in den Wind hingewandelt,
wir haben unseren Körper misshandelt
und haben dem Satan zur Freude gehandelt.
O Gott, vor und hinter der Gefahr finde ich keine Wege:
Ergreife meine Hand denn außer Dir
find ich keine Hege und Pflege !
Da vor Gram unser Sein und Nichtsein sich gleichen -
gib - dass uns Freuden erreichen !
O Gott mir graut vor meinem eigenen schlechten Wesen:
Verzeih mir mit Deinem rechten Wesen !
O Gott in unser Haupt ist Dein Rausch gedrungen,
in unserem Herzen sind Deine Geheimnisse erklungen,
Deine Zeichen tragen wir auf den Zungen.
Wenn wir fragen, fragen wir nach Deinem Wohlgefallen;
wenn wir sagen, so sagen wir Dein Lob vor allen.
O Gott, zerstöre nicht unseres Bekenntnisses
Fundamente und Warten,
und lass` ohne Wasser nicht unserer Hoffnung Garten!
O Gott, streu uns nicht die Asche der Scham
über Haupt und Wangen
und halte uns nicht in unserem Unglück gefangen!
O Gott, wir wählten Deine Liebe in beiden Welten ohne Fragen:
So haben wir das Kleid der Plagen an unserem Leib getragen
und haben das rauhe Gewand um uns geschlagen
und zerrissen den Saum von Glück und Wohlbehagen.
O Gott, Du hast gesagt:
So wie ihr anblickt in der Welt die Grossen und Mächtigen,
so sollt ihr auch anblicken die Armen
und die Derwische, die schmächtigen!
O Gott, Du bist noch gütiger und großmütiger:
Du blickst im Jenseits auf die Gehorsamen, Demütigen
genau wie auf die Rebellen, die Aufruhrwütigen.
O Gott, wem du das Mal der Liebe eingebrannt,
dessen Scheuer des Seins gabst Du dem Winde
des Nichtseins in die Hand.
O Gott, jeder wird ruiniert durch das, was er nicht besitzt;
ich jedoch durch das was ich besitze.
O Gott, habe ich auch nicht viel Gehorsam in mir,
so habe ich in beiden Welten doch niemand außer Dir!
O Gott, keine Grenze gibt es für Deine Gnaden -
und Dir zu danken bringt niemals Schaden.
Ein jeglicher, der Dich erkannt,
hat alles außer Dir verworfen und verbannt.
Was macht mit seiner Seele, der, welcher Dich erkannt?
Was macht er mit dem Hause, mit Weib und Kindes Band?
Du schenkst ihm beide Welten nachdem Du ihn verwirrt -
den Du verwirrt - was tut er mit Welten in der Hand ?

aus seinem Munadschat (Anrufungen Gottes) in persischer Reimprosa

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