Prozess der Herausarbeitung der Wirtschaftsideologie
Wirtschaftsideologie und Islam
Es ist vor allen Dingen am besten – wann
immer wir uns bemühen, eine bestimmte Wirtschaftsideologie zu
untersuchen – wenn wir uns von Beginn an über den genauen
Bedeutungsinhalt des Wortes “Ideologie“ [al-madhab]
einig sind, um zunächst die Merkmale der Zielsetzungen und die
Art des Inhaltes deutlich zu machen, die von jeder Studie über
eine wirtschaftliche Ideologie erklärt und definiert werden
müssen. Was bedeutet also das Wort “Ideologie“? Wodurch
unterscheidet sich die Wirtschaftsideologie von der
Wirtschaftswissenschaft? Und welche Bereiche werden
ideologisch behandelt? Auf der Grundlage der Antwort auf diese
Fragen, welche die Merkmale von Wirtschaftsideologien
allgemein definiert, werden wir den Charakter unserer
Untersuchung über die wirtschaftliche Ideologie des Islam
bestimmen. In diesem Zusammenhang müssen wir an das erinnern,
was wir bereits an anderer Stelle über die jeweiligen
Bedeutungsinhalte von Ideologie und Wissenschaft gesagt haben,
nämlich dass die Wirtschaftsideologie die Methode ist, die
eine Gesellschaft in ihrem wirtschaftlichen Leben und bei der
Lösung von dessen Problemen vorzugsweise befolgt, und dass
Wirtschaftswissenschaft die Wissenschaft ist, die sich mit der
Erklärung des wirtschaftlichen Lebens und seiner Phänomene und
Begleiterscheinungen befasst, und diese Phänomene und Vorgänge
zu den allgemeinen Voraussetzungen und der Dynamik, die es
beherrschen, in Beziehung setzt. Diese Spezifizierung, auch
wenn sie die wesentlichen Unterschiede zwischen Ideologie und
Wissenschaft aufzeigt, reicht nicht mehr aus, wenn wir
versuchen, die Merkmale einer bestimmten Ideologie selbst
herauszufinden oder eine klar umrissene Vorstellung von ihr zu
entwickeln.
Wir haben diese grundsätzliche
Unterscheidung der Ideologie von der Wissenschaft zunächst
angeführt, damit der Leser die Art der islamischen
Wirtschaftslehre, die wir untersuchen, verstehen kann, und
anhand dieser Unterschiede erkennt, dass die islamische
Wirtschaftslehre eine Ideologie und keine Wissenschaft ist,
denn sie ist der Weg, den der Islam bei der Gestaltung des
wirtschaftlichen Lebens vorzugsweise verfolgt, und keine
Interpretation, mit der der Islam die Phänomene und
Gesetzmäßigkeiten des wirtschaftlichen Lebens erklärt. Um
diese Zielsetzung herauszustellen und den ideologischen
Charakter der islamischen Wirtschaftslehre zu bestätigen,
genügte es festzustellen, dass die Ideologie eine Methode ist,
und die Wissenschaft eine Interpretation, (und wir erkannten,
dass die islamische Wirtschaftslehre eine Ideologie und keine
Wissenschaft ist).
Soweit so gut, aber nun müssen wir mehr
als das über die wirtschaftliche Ideologie wissen, um mit
Blick auf unsere Vorstellung davon die Bereiche zu
präzisieren, für die sie zuständig ist, und dann zu
untersuchen, inwiefern diese Bereiche mit dem Islam
zusammenhängen. In welchem Bereich ist die
Wirtschaftsideologie wirksam, und wie weit reicht dieser
Einfluss? Und welches allgemeine Charakteristikum finden wir
bei jedem wirtschaftlich-ideologischen Gedanken, so dass wir
dieses Charakteristikum als ein spezifisches Merkmal
ideologischer Konzepte des Islam ansehen können, die wir
zusammenfassen und in einem einheitlichen Rahmen ordnen
wollen? Diese Fragen machen es erforderlich, dass wir der
Ideologie, die etwas anderes ist als eine Wissenschaft, einen
klar umrissenen Begriffsinhalt geben, der alle diese Fragen
beantworten kann, und uns in diesem Zusammenhang nicht damit
begnügen, zu sagen, die Ideologie sei nur eine Methode.
Es gibt eine Ansicht, derzufolge sich der
Bereich der Ideologie lediglich auf die Regelung der
Verteilung der Güter beschränkt und in keinem Zusammenhang mit
der Produktion steht, denn der Prozess der Produktion, z.B.
von Weizen oder von Textilien, wird von wissenschaftlichen
Gesetzen und dem Standard der menschlichen Kenntnis über die
Elemente der Produktivität und deren Besonderheiten und
Potentiale bestimmt, und der Vorgang der Produktion von Weizen
oder Baumwolle unterscheidet sich nicht je nach dem Charakter
der jeweiligen wirtschaftlichen Ideologie. Demzufolge wäre die
Wirtschaftswissenschaft die Lehre von Gesetzmäßigkeiten der
Produktion und die Wirtschaftsideologie wäre die Regelung der
Art und Weise der Verteilung der Güter. Und jede Studie, die
sich mit der Produktion und ihrer Verbesserung, bzw. mit der
Schaffung von Produktionsmitteln und deren Optimierung,
befasst, würde zur Wirtschaftswissenschaft gehören und wäre
von weltweit gleicher Relevanz, so dass sie sich auf alle
Nationen, unabhängig von den Unterschieden ihrer ideologischen
Prinzipien und gesellschaftlichen Wertvorstellungen, anwenden
ließe, ohne das diese Prinzipien jeweils spezielle
Auswirkungen hätten. Und jede Studie, welche die Aneignung von
Gütern und die Verfügungsrechte darüber erläutert, wäre eine
ideologische Abhandlung über die Gesellschaftsordnung und
hätte nichts mit Wirtschaftswissenschaft zu tun, sondern
stünde im Zusammenhang mit dem Weltbild einer der
verschiedenen Ideologien, wie dem Kapitalismus, dem
Sozialismus oder dem Islam.
Diese Trennung von Wissenschaft und
Ideologie – d.h. der Wirtschaftswissenschaft von der
wirtschaftlichen Ideologie – aufgrund der verschiedenen
Bereiche, für die sie angeblich jeweils zuständig sind,
enthält einen großen Fehler, denn sie führt dazu, dass eine
Abhandlung je nach dem untersuchten Bereich das Prädikat
“ideologisch“ oder “wissenschaftlich“ erhält, so dass eine
Studie als wissenschaftlich gilt, wenn sie die Produktion, und
als ideologisch, wenn sie die Verteilung von Gütern zum Thema
hat, obwohl sich doch Wissenschaft und Ideologie durch die
Ziele und Vorgehensweise der Abhandlung unterscheiden, und
nicht durch das Thema, bzw. den Bereich, mit dem sie sich
jeweils befassen. So bewahrt eine ideologische Abhandlung
ihren ideologischen Charakter auch dann, wenn sie sich mit der
Produktion selbst befasst, solange sie die besondere
ideologische Zielsetzung und Methodik beibehält, und eine
wissenschaftliche Studie verliert nicht ihren
Wissenschaftscharakter, wenn sie über die Güterverteilung
spricht und diese mit der Wissenschaft angemessenen
Zielsetzung und Methodik untersucht.
So sehen wir, dass das Konzept der
zentralen Planung der Produktion –das dem Staat das Recht
gibt, eine Politik der Produktion zu bestimmen um diese zu
kontrollieren – eine der wichtigen ideologischen Theorien ist,
die zu den konstituierenden Elementen einiger sozialistischer
Ideologien und Systeme, bzw. solcher mit sozialistischer
Tendenz, gehören, obwohl wir wissen, dass die zentrale Planung
der Produktion und das Recht einer obersten Autorität wie der
Regierung, diese Planung durchzuführen, nicht gleichbedeutend
mit der Aneignung der Produktionsmittel durch diese Gruppe
ist, und in keinem Zusammenhang mit der Frage der Verteilung
dieser Produktionsmittel an einzelne Personen steht. Das
Konzept der zentralen Planung der Produktion ist also ein
ideologisches Konzept, das im Zusammenhang mit der
wirtschaftlichen Ideologie steht, und keine wissenschaftliche
Erkenntnis, obwohl es die Produktion und nicht die Verteilung
betrifft. Umgekehrt finden wir zahlreiche Reflektionen über
die Probleme der Güterverteilung, die der
Wirtschaftswissenschaft zuzurechnen sind, obwohl sie nur für
die Verteilung und nicht die Produktion relevant sind. Wenn
z.B. Ricardo
feststellt, dass der Anteil der Arbeiter an den produzierten
Gütern, wie er sich in dem Lohn, den sie erhalten, verkörpert,
unter bestimmten Umständen nicht deren Existenzminimum
übersteigt, so beabsichtigt er damit nicht, eine ideologische
Aussage zu machen, und fordert nicht von den Regierungen, dies
zum verbindlichen Bestandteil der die Löhne betreffenden
Wirtschaftsordnung zu machen, ebenso wie sie sich für ein auf
Privateigentum und wirtschaftlichen Liberalismus begründetes
Gesellschaftssystem entschieden haben, sondern er versucht
lediglich, die Realität, so wie die Arbeiter sie erleben, und
die zwangsläufige Folge dieser Realität zu beschreiben, die
sich einstellt, obwohl der Staat für keine verbindliche obere
Grenze der Löhne eintritt, sondern als kapitalistischer Staat
an den wirtschaftlichen Liberalismus glaubt.
Somit sind beide, Ideologie und
Wissenschaft, jeweils für beide Bereiche zuständig und
behandeln sowohl die Produktion als auch die Verteilung der
Güter, aber das darf uns nicht dazu verleiten, sie nicht
voneinander zu unterscheiden, oder den ideologischen bzw.
wissenschaftlichen Charakter wirtschaftlicher Abhandlungen
durcheinander zu bringen. Diesen Fehler begehen einige
derjenigen, die behaupten, es gäbe keine im Islam angelegte
Wirtschaftslehre, denn da sie nicht imstande sind,
Wissenschaft und Ideologie voneinander abzugrenzen, glauben
sie, wenn von der Existenz einer Wirtschaftslehre im Islam die
Rede ist, sollte damit behauptet werden, der Islam wäre den
westlichen Wirtschaftstheoretikern mit der Entwicklung einer
“politischen Ökonomie“ zuvorgekommen; und sie glauben
weiterhin, die Rede von der Existenz einer Wirtschaftslehre im
Islam bedeute, dass wir beim Islam ein wirtschaftliches
Gedankengebäude und eine wissenschaftliche Erörterung der
Gesetzmäßigkeiten des wirtschaftlichen Lebens im Bereich der
Produktion, der Güterverteilung usw. finden würden, das den
Abhandlungen von Adam Smith,
Ricardo und ähnlicher Kapazitäten der “politischen Ökonomie“
vergleichbar wäre; und da wir im Islam keine derartigen
Abhandlungen finden, sei die islamische Wirtschaftslehre
nichts als eine Fabel und beflügelte Phantasie. Diese Leute
würden möglicherweise von ihrer Behauptung, es gebe im Islam
keine Wirtschaftslehre, Abstand nehmen, wenn sie klar den
Unterschied zwischen wirtschaftlicher Ideologie und
Wirtschaftswissenschaft oder dem, was “politische Ökonomie“
genannt wird, erkennen würden, und wüssten, dass die
islamische Wirtschaftslehre eine Ideologie und keine
Wissenschaft ist. So umfasst die wirtschaftliche Ideologie
jede Grundregel für das wirtschaftliche Leben, die im
Zusammenhang mit dem Gedanken der sozialen Gerechtigkeit
steht. Und zur Wissenschaft gehört jede Theorie, die eine
Realität des wirtschaftlichen Lebens ohne Bezugnahme auf eine
vorgefasste Leitidee und ein höchstes Ideal der sozialen
Gerechtigkeit interpretiert.
Der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit
bildet die Trennungslinie zwischen Ideologie und Wissenschaft
und das Unterscheidungsmerkmal zwischen ideologischen
Konzepten und wissenschaftlichen Theorien, denn das Konzept
der sozialen Gerechtigkeit ist an sich schon nicht
wissenschaftlich und keine wahrnehmbare Angelegenheit, die
sich messen und wissenschaftlich beobachten oder mit
wissenschaftlichen Mitteln nachprüfen ließe, sondern die
Gerechtigkeit ist eine ethische Bewertung und Einstufung.
Wenn man also den Grad der Gerechtigkeit
des Systems der Sanktionierung von Privateigentum erkennen
oder ein Werturteil darüber abgeben will, ob das Zinssystem,
auf dem die Arbeit der Banken beruht, eine gerechte oder eine
ungerechte Einrichtung ist, dann greift man nicht auf die
gleichen wissenschaftlichen Methoden und Maßstäbe zurück, die
man benutzt, um z.B. die Temperatur der Luft oder den
Siedepunkt einer bestimmten Flüssigkeit zu erfahren, denn die
Temperatur und das Verdampfen sind natürliche Phänomene, die
man der wissenschaftlichen Nachprüfung unterziehen kann, aber
die Gerechtigkeit kann nur anhand ethischer Wertemaßstäbe und
höchster Ideale eingeschätzt werden und entzieht sich den
Grenzen materieller Maßstäbe. Die Gerechtigkeit ist also an
sich schon kein wissenschaftliches Konzept, und deshalb
verleiht sie einem Gedankengebäude ideologischen Charakter und
unterscheidet es von wissenschaftlicher Reflektion, wenn darin
von ihr die Rede ist.
So gehören das Prinzip der Anerkennung
des Privateigentums, oder der wirtschaftlichen Liberalismus,
oder die Abschaffung des Zinssystems oder die
Vergesellschaftung der Produktionsmittel allesamt in den
Bereich der Ideologie, weil sie im Zusammenhang mit dem
Konzept der soziale Gerechtigkeit stehen. Dagegen sind das
Gesetz des abnehmenden Ertrages beim Ackerbau, das Gesetz von
Angebot und Nachfrage und das “eherne Lohngesetz“
wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten, denn sie haben nichts mit
einer Bewertung jener wirtschaftlichen Phänomene zu tun. So
urteilt das Gesetz des abnehmenden Ernteertrages nicht
darüber, ob diese Verminderung gerecht oder ungerecht ist,
sondern stellt sie als objektive und feststehende Tatsache
heraus; ebensowenig soll das Gesetz von Angebot und Nachfrage
die Preiserhöhung von Waren wegen geringen Angebots und zu
großer Nachfrage auf der Grundlage einer bestimmten
Vorstellung von Gerechtigkeit rechtfertigen, sondern es zeigt
nur den objektiven Zusammenhang zwischen dem Preis einer Ware
und der angebotenen und verlangten Menge, in seiner
Eigenschaft als eine der zwangsläufigen Erscheinungen auf dem
kapitalistischen Markt; und ebenso verhält es sich mit dem
“ehernen Lohngesetz“, denn es beschreibt nur die
unvermeidliche reale Lage der Arbeiter, die dazu führt, dass
sie in der kapitalistischen Gesellschaft letztlich nur das
Existenzminimum erhalten, ohne zu berücksichtigen, ob der
geringfügige Anteil für die Arbeiter bei der Güterverteilung
gerecht ist oder nicht. Alle wissenschaftlichen
Gesetzmäßigkeiten im Wirtschaftsleben werden nicht auf der
Grundlage eines Konzeptes von Gerechtigkeit formuliert,
sondern indem die Realität untersucht und ihre verschiedenen
Phänomene beobachtet werden.
Umgekehrt verhält es sich mit den
ideologischen Prinzipien, die immer eine bestimmte Vorstellung
von Gerechtigkeit implizieren. Diese entschiedene Trennung von
ideologischen und wissenschaftlichen Abhandlungen bedeutet
nicht, dass die Ideologie nicht unter Umständen als Rahmen für
eine wissenschaftliche Untersuchung dienen kann. Dies gilt für
das Gesetz von Angebot und Nachfrage oder das “eherne Gesetz“
über den Lohn der Arbeiter, denn derartige Gesetzmäßigkeiten
können nur in der realen Umwelt, welche sie interpretieren,
wissenschaftlich verifiziert und praktisch angewendet werden,
d.h. in einer kapitalistischen Gesellschaft, in der der
ideologische Kapitalismus praktiziert wird, denn
wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten sind diese nur innerhalb
eines bestimmten, durch die Ideologie geprägten Rahmens, und
unter anderen Rahmenbedingungen sind sie weder
wissenschaftlich noch zutreffend, wie wir das in aller
Ausführlichkeit in einem vorangehenden Kapitel dieses Buches
dargelegt haben.
Wir brauchen nur die Wirtschaftsideologie
von der Wirtschaftswissenschaft klar abzugrenzen, um zu
erkennen, dass die Aussage, es existiere eine Wirtschaftslehre
im Islam, nicht bedeutet, der Islam würde beispielsweise die
Gesetze von Angebot und Nachfrage und den Umfang, in dem die
Vermehrung bzw. der Rückgang von beiden jeweils die Preise auf
dem freien Markt beeinflusst, erforschen. Stattdessen
behandelt er die Frage, wie viel Freiheit dem Markt gewährt
werden soll, und vertritt entweder eine weitreichende Freiheit
und deren Schutz, oder die Aufsicht über den Markt und die
Beschränkung von dessen Freiheiten, im Einklang mit dem
Vorbild von Gerechtigkeit, das er als verbindlich ansieht.
Ebenso untersucht der Islam nicht den
Zusammenhang und die gegenseitigen Wirkungen zwischen Zinsen
und Gewinn, oder zwischen den Bewegungen des Zins- und des
Handelskapitals, und nicht die Faktoren, die zur Anhebung oder
Senkung der Zinsen führen, sondern er bewertet die Zinsnahme
und den Gewinn selbst und fällt sein Werturteil über die
Ziehung von Vorteilen aus Zinsgeschäften und Handel, im
Einklang mit seinen Vorstellungen von Gerechtigkeit. Und der
Islam untersucht auch nicht das Phänomen des relativen
Rückgangs der Agrarproduktion und dessen Ursachen, sondern er
behandelt zum Thema der Produktion z.B. die Frage, ob es
zulässig und gerecht ist, die Produktion der Aufsicht einer
obersten Autorität zu unterstellen.
Aus all diesem erkennen wir, dass es die
Aufgabe der Wirtschaftsideologie ist, die Lösungswege
derjenigen Probleme des wirtschaftlichen Lebens aufzuzeigen,
die im Zusammenhang mit den ideologischen Vorstellungen und
Idealen von Gerechtigkeit stehen. Wenn wir außerdem die
Tatsache berücksichtigen, dass sich die Werte und Ideale, an
die der Islam glaubt, in den beiden Begriffen “erlaubt“ [halal]
und “verboten“ [haram] verkörpern, dann ist es nur
natürlich, dass wir die Existenz eines ideologischen
islamischen Wirtschaftskonzeptes mit Sicherheit schlussfolgern
können, denn die Relevanz von “halal“ und “haram“ erstreckt
sich im Islam auf die gesamten menschlichen Aktivitäten und
Arten des Verhaltens, das Verhalten des Herrschers und des
Beherrschten, des Verkäufers und des Käufers, des Arbeitgebers
und des Arbeitnehmers, des Arbeitenden und des Arbeitslosen,
usw., und jede Einzelheit dieses Verhaltens ist entweder
“halal“ oder “haram“, folglich entweder gerecht oder
ungerecht, denn wenn sich im Islam ein Textbeleg findet, der
ein bestimmtes aktives oder passives Verhalten verbietet, dann
ist dieses Verhalten “haram“, und wenn nicht, dann ist es
“halal“. Wenn also alle Arten von Aktivitäten im
wirtschaftlichen Leben der Frage ihrer Bewertung als “halal“
oder “haram“ unterliegen, samt den Werten und Idealen, die
hinter dieser Frage stehen, dann sollte uns das Studium des
Islam veranlassen, über eine Herausarbeitung und Definierung
der Wirtschaftsideologie nachzudenken, deren Ausdruck die
Frage von “halal“ und “haram“ und die damit implizierten
Wertemaßstäbe, Ideale und Begriffsinhalte darstellen.