Tausend und ...

Tausend und Ein Tag im Orient

Friedrich von Bodenstedt

Berlin, 1850 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Siebentes Kapitel

Unter den Tscherkessen II.

Bei allen Völkern, mit welchen unsere Wanderung uns bisher in Berührung gebracht, bei Russen, Kosaken, Georgiern, Armeniern, Persern und Tataren haben wir vorwiegend die poetische Seite herausgekehrt, und der Schilderung jedes Landes das wir betreten, immer ein paar poetische Nachklänge eingeflochten. Es wäre ungerecht, wollten wir bei den Tscherkessen nicht ein Gleiches thun.

Die folgenden Gesänge mögen zugleich Anlaß geben, und theilweise selbst dazu beitragen, unsere frühern Mittheilungen über Land und Volk der Tscherkessen zu ergänzen und zu vervollständigen, da die hier gebotenen Stoffe immer dem wirklichen Leben entnommen sind und bis auf das kleinste Bild auf tscherkessischem Boden wurzeln.

Bemerken muß ich jedoch, um jeglichem Mißverständniß vorzubeugen, daß die Lieder, welche ich dem Leser hier in deutschem Gewande vorführe, nicht wort- und versgetreue Uebersetzungen sind wie z. B. das Lied von dem grausen Zaren Iwan Wassiljewitsch und andere im ersten Bande dieses Werks mitgetheilte Gedichte. Denn Erstens haben die folgenden Lieder nicht in der Ursprache aufgezeichnet werden können, da das tscherkessische Idiom keine Schriftzeichen hat, und zweitens verstehe ich so wenig von der Tscherkessensprache, wie alle übrigen Reisenden, welche vor mir diese Lande besuchten.

Die Lieder wurden mir von meinen tscherkessischen Freunden in die, allen Häuptlingen und Priestern des Landes geläufige, türkische Sprache übersetzt. Ich verzeichnete genau den Inhalt und suchte bei der deutschen Nachbildung der Weise möglichst nahe zu kommen, wie ich sie tscherkessisch singen gehört hatte, wobei das Ohr mir als einzige Richtschnur diente.

Die Entstehungsgeschichte der tscherkessischen Lieder ist höchst einfach. Jeder Kampf, jedes Fest, jedes freudige und traurige Ereigniß wird durch Gesang verherrlicht. Und wie die Ereignisse sich folgen, so folgen sich auch die Lieder, einander verdrängend und verwischend, da sie nie durch das geschriebene Wort festgehalten werden.

So kommt es, daß die Lieder, welche hier zu Lande gesungen werden, selten über eine Generation zurückreichen, da jedes Geschlecht seine eigene Verherrlichung am liebsten hört und die Tscherkessen nicht der Erinnerungen vergangener Jahrhunderte bedürfen als Triebfedern zu männlicher Kraftäußerung in der Gegenwart.

Das Lied von Murad.

Der Odem verweht
Des gefallnen Helden,
Das Blut seiner Adern
Zerrinnt und versiegt –
Aber nimmer versiegt
Der Geschlechtervertilgenden
Blutigen Rache Quell!

***

Als Murad erschlagen war,
Und im Gewühle des Kampfes
Die Leiche des Helden,
Der Zier von Ubychistan,
Den Feinden zur Beute ward:
Da heulten die Weiber
In langen Klagereih'n,
Und es war des Jammers
Kein Ende zu sehn.
Aber die Männer des Stammes
Versammelten sich
Unter der heiligen Eiche,
Im Dunkel des Waldes,
Um Rath zu pflegen
Zu gemeinsamer That.

Und sie entsandten Botschaft,
– Sechs Delikanler
Wurden entsendet –
Au den Führer der Moskow:
»Gieb uns die Leiche
Des Bruders zurück!
Daß wir sie bestatten
In heimischer Erde,
Nach heiligem Landesbrauch.«
Aber der Führer der Moskow,
Mit Hohn und Unbill
Wies er zurück
Die jungen Reiter,
Die Botschaft-tragenden:
»Nicht die Leiche werd' ich
Eures Bruders Euch geben.
Aber selbst Euch will ich
Zur Leiche machen!«

***

Als die Antwort verkündet ward
Im Rathe der Tamata,
Entbrannte vor Rachezorn
Das Antlitz der Greise;
Und Jerynbük-Bersek-Bey,
Der Hort von Ubychistan,
Rief die Mannen zum Kampfe auf . . .

Wie aus Wolken ein Blitzesstrahl
Schlug das zündende Kampfeswort
Rings in die Herzen ein.
Aber Islam-Tschemek-Bey,
Die Zunge des Medshilis,
Sprach mahnende Worte
Der Weisheit und Mäßigung:
Nichts gewinnt ohne Mühe sich,
Und was einmal mißglückte,
Gelingt oft zum zweitenmal.
Selbst die Frucht am Baume
Fällt nicht ungeschüttelt
In des Gärtners Schooß –
Und keines Weisen Beginnen ist
Den ganzen Baum zu fällen,
Weil die Frucht nicht nieder
Beim ersten Schütteln fiel.
Vielleicht versagten die Feinde
Der Jungen Ungestüm,
Was sie den Bitten der Alten
Nicht versagen werden.
Noch einmal den Moskow
Entsendet Botschaft:
Gebt uns die Leiche
Des Bruders zurück!
Wir geben Euch frei dafür
Zwanzig Gefangene,
Die wir zur Beute gemacht
Aus Euren Kriegerreihen,
Zwanzig Lebendige
Für Einen Todten!
Und versagen sie darauf noch
Unseres Wunsches Gewähr:
So möge das Schwert erringen
Was dem Worte versagt wird!
Der Held greift zum Schwert
Nicht ohne Vorbedacht –
Nicht ohne Vorbedacht
Legt er es nieder! –

So sprach Islam-Tschemek-Bey
Und schaute im Kreise um,
Ob keiner der Tamata
Sich erhebe zum Widerspruch.
Aber alle schwiegen rings,
Ehrend des Helden Wort.

Und der Jüngeren Einer
Schwang sich auf's Roß,
– Als das Zeichen gegeben war
Zum Aufbruch des Medshilis –
Ritt langsam im Kreise um,
Und verkündete laut
Den Rathschlag Islam-Tschemek's.
Dann sprengt' er davon,
Und alle Anderen folgten ihm.

***

Sechs Greise erkoren sie
Um Botschaft zu tragen
Zu dem Führer der Moskow:
»Gieb uns die Leiche
Des Bruders zurück,
Daß wir sie bestatten
In heimischer Erde,
Nach heiligem Landesbrauch.
Wir bieten als Entgeld
Zwanzig Gefangene,
Zwanzig Lebendige
Für Einen Todten!«
Und der Führer der Moskow
Gab lächelnd zur Antwort:
»Das muß ein ruhmvoller Todter sein!
Der die Greise selber,
Die Häupter des Volkes
Zu mir in's Lager treibt –
Solch ein Todter ist besseren Preises werth!«
Und er sprach solche Worte
In höhnendem Uebermuth,
Daß die Greise selber,
Die Träger der Botschaft, –
Alle ergrimmten
In starkem Zorn.
Und als die Kunde erscholl
Im Rathe der Männer,
Da rief Islam-Tschemek-Bey
Der Erste zum Kampfe auf:
»Der Todte muß unser sein!
In Strömen rothen Blutes
Soll er zu uns schwimmen.
Wir tilgen die Schande
Durch Kampf und Zerstörung,
Daß ein Held unsers Stammes
In feindlicher Erde liegt!«
Statt aller Antwort
Entblitzten die Klingen
Den bunten Schaschken,
Und grimme Blicke
Den dunkelen Augen
Der horchenden Männer.
Weit umher scholl die Kunde,
Und von nah und fern
Zogen Krieger herbei
Auf flinken Rossen.
Und sie versammelten sich
An den Wassern der Ssotscha,
Wohl an Tausend Mann.
Hier hielten sie Rast
Bis nach Mitternacht.
In sicherer Obhut
Blieben die Rosse
Im Dunkel der Wälder.
Und die kühnsten der Männer
Schlichen voraus
Auf heimlichen Pfaden,
Durch Dickicht und Felsschlucht;
Gewehr und Schaschka
Am Rücken befestigt
Und mit Filz bedeckt,
Auf daß kein Geklirr
Ihr Nahen verrathe.
Und als sie kamen zur Stätte
Wo die Berge verflachen
Und die Wälder sich lichten,
Und schon das Rauschen des Meeres
Dem Ohre vernehmbar,
Da tauchten sie nieder
In's hohe Gras,
Und krochen wie Schlangen
Ueber die feuchte Erde,
Unbemerkbar den spähenden
Wachen der Moskow.
Und schon waren sie dicht
Vor den Wällen der Veste,
Und lösten die Waffen
Und machten sich kampfbereit,
Als das erste Frühroth
Die Wolken durchbrach.
Horch! ein gellendes Pfeifen,
Ein Schimmern von Lichtern,
In der Veste wird's wach –
Und ringsum jetzt blitzt es,
Und es donnert und kracht
Weit in die Berge hin,
Daß die Erde erzittert
Von dem grausen Getöse.
Doch ohne Wirkung blieb
Das donnernde Flammenspei'n.
Weit über die Köpfe
Der nahenden Heerschaar
Schlugen die Kugeln ein,
In fernem Waldesdickicht
Und grüner Hügelbrust.
Jerynbük-Bersek-Bey
Der hohe, breitschultrige,
Und Islam-Tschemek-Bey
Der adleräugige,
Führen die Kämpfer zum Sturme an.
Und ein Würgen und Morden begann
Daß die Erde warm dampfte von Blut –
Dazwischen scholl Wimmern und Klagegestöhn
Wie Schakalgeheul in der Felsenschlucht –
Und als sie Sonne am Himmel stand,
Und das Meer roth färbte mit ihrer Gluth,
Lebte kein Moskow
In der Festung mehr.
Viele waren geflüchtet
Auf's Meer hinaus,
Als ihr tapferer Führer gefallen,
Der der Letzten einer
Der Todten war;
Er fiel unter Jerynbük-Bersek's Hand,
Das Haupt zerschmettert
Von wuchtigem Schaschkenhieb . . .
Die Einen rafften zusammen
Was an Pulvertonnen
Und Waffen und Blei
In der Veste zu finden war,
Und trieben das Vieh hinweg,
Derweilen die Andern
Rings die Erde aufwühlten
Und nach der Leiche suchten
Des erschlagenen Murad-Bey.
Sie fanden sein Panzerhemd
Nebst Kama und Waffenrock
Als Schmuck an der Wand
In der Wohnung des Moskow-Bey,
Ihn selbst aber fanden sie
Zerspießt und zerstochen,
In einem frischen Grab
Hart am Meeresstrand,
Ueberschüttet mit gelbem Sande.
Lauter Jubel erscholl
Ob des kostbaren Fundes.
Und sie hüllten die Leiche
In weißes Gewand.
Dann wurde Feuer gelegt
An die Veste der Moskow,
Und sie eilten davon
Mit der reichen Beute
In das Dickicht der Wälder.
Und als sie kamen zur Stätte
Wo Murad erschlagen war,
Da blieben sie stehen,
Um zu Allah zu beten
Für das Heil seiner Seele.

Sie wischten das Blut von den Klingen,
Und die Schande von ihrem Stamme! . . .
Und als sie saßen und Rast hielten
An den Wassern der Ssotscha,
Und der Trank der Busa,
Der sinneberauschende,
Rundum im Kreise ging,
Da rühmten die Kämpen sich
Laut ihrer Thaten,
Wer am meisten getödtet,
War am meisten des Ruhmes voll.
Basmursa (der Eine
Der entsandten Delikanler)
Verhöhnte den Moskow-Bey,
Der die Kämpen alle
Wollte zu Leichen machen,
Und nun selber als Leiche
Im Feuer versengte.
Aber Islam-Tschemek-Bey
Sah zürnenden Blickes
Den jungen Kämpen an:
»Schlecht steht solchem Munde
Der höhnende Spott!
Der gefallene Moskow-Bey
Stand wie ein Held im Kampf,
Bis ihn Jerynbük zu Boden gefällt.
Sein Tod war ehrenvoller
Als dein höhnender Spott –
Der Held ehrt den Helden,
Und spottet der Todten nicht!«

Basmursa entflammte
In Zorn und Scham;
Doch schweigend senkt er
Zur Erde den Blick,
Denn der also zürnte,
War sein eigener Atalik.
Und Jerynbük-Bersek-Bey
Rief die Helden zum Aufbruch:
»Laßt uns die Beute verwahren,
Und zu Hause uns freuen
Des erfochtenen Sieges!
Es mußten Hunderte sterben,
Um den Einen zu sühnen,
Doch der Eine war
Mehr als die Hunderte werth!«

***

Und sie machten ein großes Festmahl,
Dreißig Ochsen wurden geschlachtet,
Und hundert Schafe,
Und drei Wochen dauerte
Die Festestrauer der Gäste,
Und das Heulen der Klageweiber.

Das Lied von Asslan-Bey

Im Wasser spiegeln sich die Berge von Dshigethistan,
Im Liede spiegelt sich der Ruhm seiner Helden.
Berauschend ist der schäumende Busatrank,
Berauschender ist der Ruhm des Helden;
Der Adler trinkt Kraft aus frischem Bergesquell,
Der Held labt sich an den Liedern der Barden.
Aus winzigem Hirsekorn,
Aus dem Honig, den die kleine Biene bereitet,
Wird der Trank der Busa gebraut,
Der die stärksten Männer bezwingende.
Aus armer Sängerbrust strömt der Liederquell
Der die Thaten der Helden verherrlicht.

Von schmutzigem Wasser braut sich kein guter Trank,
Von faulen Blumen wehet kein guter Duft,
Und von schlechten Thaten singt sich kein gutes Lied!
Aber deine Thaten, o Asslan-Bey! sind spiegelrein
Wie das Schwert womit Du deine Lenden umgürtest.
Darum singen wir gern Deinen Heldenruhm,
Darum preisen wir laut Deine Weisheit im Rath,
Denn selbst Deine Thaten, was wären sie,
Wenn sie nicht fortlebten im Liedesklang?
Sie würden vergehen wie die Leiber der Feinde,
Die Du erschlagen im offenen Kampfe.

Groß war die Freude im Lande der Apsua,
Als Aßlan-Bey Esma heimführte,
Die Tochter Moab's, vom Stamme Pschu.
Viele herrliche Gäste waren versammelt,
Die besten Männer von Apsua.
Alle die mit ihm gekämpft in gemeinsamem Kampf,
Freuten sich mit ihm in gemeinsamer Freude.
Wo zwei Flüsse sich vereinen
Da rauschen und springen die Wellen
Lauter und höher als sonst –
Wo zwei Herzen sich verbinden,
Um Eines zu werden,
Da ist Freude im Hause,
Und vor Jubel tanzen die Gäste.
Also geschah es, da Asslan-Bey
Der Gatte Esma's ward, der Tochter Moab's.
Groß war die Zahl der versammelten Gäste,
Und groß die Zahl der gebrachten Geschenke.
Hunderte füllten von Schafen und Ziegen,
Und fetten Rindern das weite Gehöft;
Teppiche, Kaliko, Leinen- und Seidenzeug
Waren in den Gemächern zur Schau ausgestellt,
Daneben ganze Säcke voll Mehl und Salz,
Und viele andere Hochzeitspenden . . .
Vor den Häusern tummelten die Burschen sich
Auf sichern, leichtschenkligen Rossen umher,
Bald im Kreise reitend, bald nach fernem Ziel,
Bald zum Scheinkampf in streitende Haufen getheilt.
Endlos war die Zahl der Gerichte,
Als es zum Festmahl ging – endlos die Zahl
Der geschlachteten Hammel, des Wilds und Geflügels.
Mancher Humpen wurde geleert von Busa und Arka.
Und so oft es dem Wohle der Herrin galt,
Der Neuvermählten, der Sonne des Festes,
Erschallte immer ein heller Freudenschuß,
Wurde kein Pulver gespart, zur Ehre des Hauses.
Und manches sinnige Wort wurde laut,
Zur Ehre der Herrin, der Neuvermählten.
Sie trug an den Armen silberne Spangen,
Und bis zum Gürtel herab silbern Brustgeschmeide,
Das vor ihr schon Mutter und Großmutter getragen,
Und das sorgsam gehegt wird und wohlverwahrt,
Auf daß einst die Tochter es wiedertrage.
Und als der Tanz nun anhub, der Ringeltanz,
Wie so trotzig schauten die Burschen drein,
Und wie schmuck die festlich gekleideten Mädchen!
Mit den weiten Hosen, den engen Anteri,
Und dem gestreiften Käppchen auf dem Flechtenhaar.
Einer legt seine Hand auf des Andern Schulter,
Und so drehen sie sich in gemessenem Schritt [Fußnote]
Lieblich sind die langhaarigen Mädchen all,
Doch die Braut ist von Allen die lieblichste!
Preiseswerth sind die Geschenke der Gäste,
Aber noch preiseswerther die sinnigen Worte
Beim Tranke gesprochen, zur Ehre des Paares –
Darum wandten alle Blicke sich dem Sänger zu,
Als er spät eintrat in die Festeshalle.
Er konnte die Blicke nicht erwiedern,
Denn er war blind seit langen Jahren;
Er brachte keine Geschenke mit, und doch
War er von allen Gästen der willkommenste.
Man bereitete ihm einen weichen Sitz,
Und bewirthete ihn mit Speis' und Trank.
Und alle sammelten sich um ihn her,
Als er anhub zu singen von Asslan-Bey,
Und von Esma, der Chanum, der Sonne des Festes.
Und auch sein eigenes Leben sang er,
Von eigener Jugend und Kriegesthat;
Denn er war selbst einst ein Held in der Männerschlacht,
Der Schagiréy gefürchtetster Feind.
Er trieb ihre Rinder und Schafe hinweg,
Vernichtete sie in manchem Strauß.
Und sie stellten ihm nach und fingen ihn,
Und stachen ihm die Augen aus.
So blieb er im Lande der Schagiréy,
Bis Asslan-Bey, der starke Held
Das Land der Feinde mit Krieg überzog,
Ihre Häuser verbrannt, ihre Aecker verwüstet,
Ihre fetten Herden hinweggetrieben,
Und den blinden Asamat frei gemacht.

Noch saß so der blinde Barde und sang,
Und erzählte Geschichten vergangener Zeit,
Da plötzlich von seinen Lippen weg
Wandten Alle sich dem Hofe zu:
Da scholl Roßhufhall und Waffengeklirr,
Dazwischen verworrener Stimmen Geräusch:
»Moskow gjäldi!« die Russen sind da!
Zwei Reiter hatten die Botschaft gebracht,
Und den Weg bezeichnet, den die Feinde genommen:
Noch waren sie wohl eine Stunde weit.
Die Weiber, die Kinder wurden in Verwahrsam gebracht.
Und Asslan-Bey saß mit allen Reitern auf,
Den Moskow entgegen zum nächtlichen Kampf.
Sie hatten Kunde erhalten vom Festgelag,
Es war ihnen heimlich verrathen worden,
Und sie schlichen im Dunkel der Nacht heran,
Zu feigem, heimlichen Ueberfall.
Sie glaubten sich sicher und unbemerkt –
Und sollten nun selbst überfallen werden!
Auf heimlichen Wegen führt Asslan-Bey
Seine Reiterschaar, in drei Theile getheilt,
Erst die waldigen Ufer des Pschußu entlang,
Bis wo sich der Fluß in zwei Arme theilt
Auf seinem raschen Laufe zum Schwarzen Meer.
Drei Reiter wurden vorausgesendet,
Scharfäugige, rasche Delikanler,
Um den Feind zu erspäh'n und Kundschaft zu bringen.
Als Alles nun wohl erkundet war,
Stellt Asslan-Bey zwei seiner Truppe auf
Im Walde versteckt zur Seite des Wegs,
Greift mit dem dritten die Feinde an
Und fliehet vor ihnen nach kurzem Kampf.
Die Moskow folgen im Sturmesschritt
Und schießen den fliehenden Reitern nach –
Da plötzlich wendet sich Asslan-Bey,
Und ein furchtbares Morden und Schießen begann,
Der Feind, von drei Seiten auf einmal bedrängt
Stürzt in wilder Flucht nach dem Strome zu,
Die jubelnden Reiter drängen hinterher,
Schießen erst ihre langen Pistolen ab,
Machen dann zum Fang den Arkan bereit.
Und wohl hundert Gefangene wurden weggeführt.
Viele Moskow fanden in den Wellen ihr Grab,
Viele Köpfe flogen ab von den Schaschkahieben,
Nur Wenige entkamen in wilder Flucht.

***

Mit reicher Beute kehrten die Reiter heim,
Groß war der Jubel im Lande der Apsua,
Und die Freudenspiele fingen von Neuem an.
Viele Lieder verherrlichten Asslan-Bey,
Die Gäste aber priesen den Murawiew-Bey,
Der so reiche Spende zur Hochzeit gebracht!

Das Lied von Asamat.

Heil dem Stamme,
Wo liederreiche Sänger
Die Weisheit der Väter
In Sprüchen wahren,
Und die Thaten der Helden
Rühmend verherrlichen
Zum Klange der Saiten!
Heil solchem Stamme!
Sein Ruhm wird nie untergeh'n.

Dein gedenken wir, Asamat,
Blinder Sänger von Tschoma!
Bei jedem Festgelag denken wir Dein,
Der jedes Festgelag zierte!
Wohl ist's gerecht,
Daß, der so Viele
Im Liede verherrlicht,
Nun selber im Liede
Verherrlicht werde!
Denn besser noch als des Helden Ruhm,
Ist der Ruhm des Sängers:
Der Held kann nur sterben machen!
Der Sänger macht leben!
Dein gedenken wir, Asamat!
Blind war Dein Auge.
Und doch sahest Du tiefer
In die Herzen der Menschen
Denn alle Sehenden!

Den alle Frauen liebten,
Den alle Männer ehrten,
Der unsres Stammes Stolz war,
Der blinde Sänger ist todt!
Der so manchen Helden zu Grabe gesungen,
Ihm schallt jetzt selber der Grabgesang!
Wenn er saß in der Halle
Und spielte und sang
Von den Thaten der Helden
Des Volkes der Apsua,
So klang jede Saite
Wie ein klirrend Schwert,
Und seine Stimme gewaltig,
Wie der Sturm in der Felsschlucht.
Vor Kampfbegier schlugen,
Vor Ruhm- und Beutelust,
Die Herzen der Männer.
Und wenn er anhub zu singen
Von den Wundern des Oschg,
Von den Sagen der Vorzeit;
Da füllten mit Thränen sich
Die Augen der Mädchen
Vor Freude und Wehmuth . . .
Asamat selbst war
Dem Berge gleich.
Sein Haupt war weiß
Wie die Gipfel des Oschga;
Sein Herz war golden.
Seine Lieder ergossen sich
Befruchtend unter uns
Wie die frischen Wasser
Aus den Quellen des Oschga;
Heil sei dem Stamme,
Dem er angehört,
Dem Stamme Pschu!
Wo er begraben liegt
In geweihter Erde.

Aus einem blitzzerschmetterten
Heiligen Eichenbaum
Wurde sein Sarg gehöhlt.
Und sie gruben sein Grab
In lichtem Waldesraum
An den Wassern des Dsub.
Acht Tage lang währte
Das Jammern der Klageweiber, –
Aber der Schmerz seiner Freunde
Wird immer währen!
Heimlich schleichen
Die Frauen und Mädchen
Zu der Stelle im Walde,
Und bestreuen mit Blumen,
Und befeuchten mit Thränen
Des Sängers Grab.

Das Lied der Klageweiber.

War Dein Gang nicht noch fest und stolz?
Warum mußtest Du sterben?
          Aíaríra!

War Dein Gesicht nicht noch frisch und roth?
Warum mußtest Du sterben?
          Aíaríra!

Ward Dir nicht Pflege und Nahrung im Ueberfluß?
Warum mußtest Du sterben?
          Aíaríra!

Und liebten nicht Alle Dich, Jung und Alt?
Warum mußtest Du sterben?
          Aíaríra! &c. &c.

***

In ähnlicher Weise wird der Klagegesang oft eine halbe Stunde lang fortgesetzt, ehe die Weiber mit dem Aufzählen der guten Eigenschaften und Annehmlichkeiten des Verstorbenen zu Ende kommen. Der jeden Vers beschließende Klagelaut Aíaríra (etwa dem türkischen Aman! dem deutschen Ach! Ach! entsprechend) wird so gedehnt ausgesprochen, als ob er aus vier Wörtern bestände: Ai A Ri Ra. Der Gebrauch, solche Fragen an den Todten zu richten, herrscht nicht blos bei den Tscherkessen, sondern auch bei den übrigen Küstenvölkern, den Abchasen, Mingreliern, Guriern &c.

Ismaïl und Daredshan.

um Reiten ein Pferd,
Eine Rüstung zum Kampf,
Zum Lieben ein Weib,
Das ist Mannesbedarf!

Die reife Frucht wartet des Pflückers Hand,
Des Freiers wartet die mannbare Jungfrau –
Die Frucht, die zu pflücken
Kein Pflücker gekommen,
Fällt endlich wohl selber
Vom Baume herab –
Die Maid, die zu freien
Kein Freier gekommen,
Flieht endlich wohl selber
Den heimischen Herd.
Doch giebt es auch Früchte
Die schwer zu erreichen sind,
Und liebliche Dirnen
Von strengem und stolzem Sinn.
Solch Eine warst Du,
Holdselige Daredshan!
Erfahren im Nähen,
An Spindel und Webstuhl,
In Speisebereitung
Und häuslichem Walten –
Aller Reize voll
Und aller Geschicklichkeit!
Das Haus des Vaters
Stand Jedermann offen,
Das Herz der Tochter
War Jedem verschlossen.
Wie Viele auch warben
Um die Minne Daredshan's,
Sie verschmähete Alle!
Bis Ismaïl kam,
Der Held der Mdsymta,
Dessen Ruhm weit umher
Im Lande erscholl,
Seit er jüngst in der Schlacht
Mit dem grimmen Murawiew-Bey,
Als schon Alles verloren war:
Alles wiedergewann,
Und die Feinde zum Weichen brachte.
Er wüthete im Kampf
Wie einst Islam-Gerai,
Der Sohn Indar-Oglu's
An den Wassern der Pschat,
Als er des Verraths
Mit den Moskow bezüchtigt,
Statt aller Antwort
In das Lager der Feinde brach,
Und ihren Führer
Lebendig gefangen nahm.
Der starke Ismaïl,
Der Schrecken der Feinde,
Dessen Muth nie erschüttert war,
Dessen Blick nie zurückgebebt
Vor Tod und Gefahr,
Wurde scheu und verlegen
Beim ersten Anblick
Der holdseligen Daredshan . . .
Und sie selber erröthete
Wie sie nie gethan
Vor männlichem Blick,
Und barg mit der Wimper,
Dem jungfräulichen Schleier der Scham,
Ihres dunkeln Auges Gluth,
Als Ismaïl vor ihr stand
So hoch und gewaltig,
Und doch leise erzitternd,
Wie eine Tanne am Elborus,
Wenn sie schwindelnd hinabschaut,
In's blumige Thal.
Schmuck war sein Gewand,
Von brauner Farbe,
Mit silbernem Gürtel.
Auf dem breiten Kama
Mit Elfenbein-Griffe,
Und laubgrüner Scheide,
Stand Gold-ausgelegt,
Ein Spruch des Koran,
Als ein Zeichen, es wisse der freie Mann
Sich seiner Feinde zu wehren,
Und Allah zu ehren!

Dem Vater Daredshan's,
Dem greisen Omar-Oglu,
War Ismaïl ein willkommener Sohn.
Sie wurden bald einig
Um Käbin [Fußnote] und Hochzeitstag,
Und Ismaïl schied nur
Zu baldiger Rückkehr . . .
Nun wurde gewebt,
Gestickt und genähet,
Und Alles bereitet
Im Hause Omar-Oglu's,
Zum Brautschmuck Daredshans.
Drei Käppchen von Scharlachtuch,
Mit silbernen Streifchen;
Fünf seidene Leibchen,
Mit silbernen Spangen,
Und glänzendem Gürtel;
Schalvari und Unterkleid
Von rothem und blauem Zeug;
Von Sammet der Ueberwurf;
Die Schuh von Marocco,
In zierlichem Schnitt;
Die Hemden, der Kasmak,
Das Alles lag fertig
In Fülle und Ueberfluß,
Noch ehe der Tag kam
Der Hochzeit Daredshan's.

Am Himmel blitzen die Sterne,
Der Mond scheint auf die Berge,
Und lange Schatten steigen
In's grüne Thal hinab.
Es schweigen Wald und Hügel;
Nur fernes Schakalwimmern,
Und frischer Bäche Rauschen
Tönt durch die stille Nacht.
Doch, plötzlich aus der Ferne
Tönt lauter Roßhufhall!
Sechs Reiter kommen getrabt,
Sechs Reiter und sieben Pferde.
Der sechste führt neben sich
Das siebente Pferd am Zügel.
Und wo das Thal zu Ende,
Am Fuß des Temirdagh,
Vor Omar-Oglu's Hause,
Da machen die Reiter Halt.
Da ist ein Lärmen und Laufen,
Ein Leuchten von Spänen und Fackeln,
Doch öffnet sich keine Thüre
Die Gäste zu empfangen.
Sind's Feinde, die gekommen,
Des Alten Haus zu stürmen?
Sind's Diebe, die gekommen,
Des Alten Tochter zu rauben?
Sie schießen und sie toben,
Und Einer springt vom Rosse
Und dringt hinein in's Haus.
Derweilen auf dem Hofe
Versammeln sich andere Reiter,
Und laut wird's im Aoule,
Es mehren sich die Fackeln,
Es mehren sich die Krieger,
Man dringt auf die Reiter ein.
Sie schießen und sie schlagen,
Und von der Rosse Stampfen
Und von der Schüsse Knallen,
Laut wiederhallt das Thal.

Im Hause, im Frauengemache,
Im bräutlichen Gewande
Sitzt züchtig eine Maid,
Und weint und ringt die Hände
Und jammert mit lauter Stimme,
Und jammernd um sie stehen
Noch andere Dirnen her.
Ein Krieger in Wehr und Waffen
Von stattlicher Geberde,
Steht flehend vor der Jungfrau
Und will sie mit sich ziehen –
Sie wendet sich von ihm ab,
Und weint und ringt die Hände
Und jammert immer lauter,
Und will sich ihm entwinden.
Da faßt er mit starken Armen
Der Jungfrau zarten Leib,
Und redet Schmeichelworte,
Und trägt sie wie man ein Kind trägt,
Und trägt sie bis zur Thüre –
Hart an der Thüre warten
Ein Reiter und zwei Rosse.
Er setzt sie auf das Schlachtroß
Mit scharlachrother Schabracke –
Sie will sich ihm entwinden,
Und jammert immer lauter,
Und auf das Jammern eilen
Die kämpfenden Reiter herbei.
Sie ringen und sie schießen,
Und wollen die Maid nicht lassen.
Ismaïl war der Krieger
Der die schöne Braut entführt . . .
Er schlägt mit starken Armen,
Theilt manche Streiche aus,
Und die Reiter die mit ihm kamen,
Sie helfen treulich mit.
Das Schießen und Ringen endet,
Im Hofe wird es still.
Sechs starke Reiter traben
Das grüne Thal entlang.
Der sechste führt am Zügel
Ein buntgeschmücktes Schlachtroß,
Mit scharlachrother Schabracke;
Und auf dem Schlachtroß sitzt,
Die holde Daredshan,
Nicht weinend mehr und jammernd:
Sie strahlt vor Glück und Wonne!
Es sind die Thränenbäche
Vertrocknet in den Grübchen
Des Kinnes und der Wangen!
Es wird das Händeringen
Zu liebender Umarmung,
Der Schmerzenslaut der Lippen
Löst sich in Küssen auf!
So ist des Himmels Rathschluß:
Es soll der Mensch durch Kampf
Die Freude sich erringen,
Die ohne Kampf nicht Werth hat.
Dem Schmerzenskampf der Mutter
Folgt die Geburt des Kindes –
Dem Kampfe auf dem Schlachtfeld
Folgt Sieg und Festgelag –
Dem hochzeitlichen Kampfe
Folgt liebende Erkenntniß . . .

Ein Stern ging auf im Hause Ismaïl's
Noch eh' am nächsten Abend
Der Himmel sich mit seinen Sternen schmückte.
Daredshan ist des Hauses Herrin worden!
Und Fackeln leuchten in der Festeshalle,
Und viele stolze Gäste sind versammelt.
Die Alten sitzen kriegerisch geschmückt,
Derweil die Jungen sich im Tanze dreh'n,
Die kecken Burschen und die schlanken Mädchen;
Und helle Freude schallt beim Festgelag.
Nur Du allein blickst finster, Asamat!
Denkst Du zurück an Deine Jugendzeit,
Und all Dein Unglück, alter blinder Mann?
Dir starb die Braut, eh' Du sie heimgeführt,
In feuchter Kerkerluft erlosch Dein Auge,
Schon als es kaum den ersten freien Blick
In Gottes schöne Welt gethan! . . .

Mit Fleiß habe ich diese Lieder in möglichst einfachem Gewande, ohne jegliche Zuthat künstlerischer Versbildung und schönklingender Reime gegeben. Ich fürchtete, daß durch irgend welche gemachte Ausschmückung der Charakter des Ganzen beeinträchtigt würde, während ich anderseits von der Ueberzeugung ausging, daß kein wirkliches Gedicht von Kern und Gehalt durch Hinweglassung des Reimes wesentlich verliert.

In einem früheren Werke [Fußnote], welches sich ausführlicher mit der Ethnographie und Geschichte des kaukasischen Isthmus beschäftigt, habe ich ein paar Proben tscherkessischer Volkspoesie in Vers und Reim gegeben, so daß sich der Leser selbst ein Urtheil darüber bilden kann, welches die bessere Art der Nachbildung sei . . .

Suchen wir jetzt die Kenntniß, welche der Leser aus den angeführten poetischen Beiträgen über Land und Volk der Tscherkessen geschöpft, durch einige übersichtliche Mittheilungen in ungebundener Rede zu vervollständigen.

Die Zustände der russenfeindlichen Bevölkerung in den, zwischen dem Kuban und dem Schwarzen Meere gelegenen Ländern, führen uns zu den Uranfängen der menschlichen Gesellschaft zurück. Hier ist kein Staat in unserm Sinne des Wortes: kein angestammtes Fürstenhaus welches mehr Gewalt in sich schlösse als irgend ein anderes Haus, keine Regierung von Gottes oder der Menschen Gnaden, kein Beamtenstand, keine Polizei, kein stehendes Heer, keine Kaste die auf Kosten der anderen lebt – kurz, nichts von alledem, was man in Europa zur Aufrechthaltung staatlicher Glückseligkeit und zur Versorgung hoffnungsvoller Söhne für unumgänglich nothwendig hält.

Die Grundlage der gesellschaftlichen Ordnung bei den Tscherkessen ist das Stammesleben, wie es seit Jahrtausenden in fast unveränderter Gestalt bei ihnen besteht. Die einzelnen Stämme, die sich ursprünglich aus einzelnen Familien entwickelt haben, sind nach und nach zu förmlichen Staaten (in Umfang und Bevölkerung) herangewachsen, ohne jedoch das Bedürfniß zu fühlen, ihre Angelegenheiten anders als nach altherkömmlicher Sitte zu regeln. Nie herrschte hier zu Lande ein geschriebenes Gesetz, wie denn das Schreiben noch heutzutag unter dem Volke eine seltene Kunst ist, deren sich selbst der Vornehmsten nur Wenige rühmen können. Das einzige allgemein anerkannte Gesetz war das Jedem innewohnende und auf den ganzen Stamm ausgedehnte Gesetz der Gegenseitigkeit.

Die Familienbande sind bei uns kaum so stark, wie diejenigen Bande, welche bei den Tscherkessen die Bevölkerung eines ganzen Stammes umschlingen. Ein solcher Stamm (Tokum) braucht jedoch, trotz des innigen Zusammenhanges seiner Glieder und der Solidarität der Interessen, kein von örtlichen und Grenzbestimmungen abhängiges Ganzes zu bilden. Die einzelnen Stammesangehörigen können zerstreut wohnen über das ganze Land; sie werden zusammengehalten durch ihren, beim Eintritt in den Verband geleisteten Eid, und durch die großen Vortheile, welche ihnen aus diesem Verbande erwachsen. Wenn z. B. ein Angehöriger des Stammes Tschipaku beraubt, beleidigt oder ermordet wird von einem Angehörigen des Stammes Pschu, so ist der Stamm Pschu in seiner Gesammtheit verantwortlich für die verübte Missethat, und beide Stämme bleiben in Fehde, bis die Missethat nach herkömmlichem Brauche gesühnt, d. h. bis eine der Unbill entsprechende Strafe entrichtet ist. Diese Strafe besteht gewöhnlich in der Auslieferung von Ochsen, deren Sühnezahl sich nach der Größe des Vergehens richtet. Für den Todtschlag eines Mannes hat der Stamm, dem der Mörder angehört, zweihundert Ochsen auszuliefern, für den Todtschlag einer Frau hundert Ochsen, für die Verführung eines Mädchens fünf und zwanzig Ochsen. In ähnlicher Weise ist für jedes Verbrechen eine Strafe festgesetzt. In zweifelhaften Fällen wird die Streitfrage entschieden durch ein Schwurgericht, zusammengesetzt aus zwölf Personen, wozu die sechs ältesten unbescholtenen Männer aus jedem Stamme gewählt werden. Großes Ansehen ist mit der Würde eines Geschwornen, die zugleich das Richteramt in sich schließt, verbunden, und Keiner auf dem der geringste Makel haftet, ist dieser Würde zugänglich. Das Urtheil der Geschwornen wird vom Volke heilig gehalten, und sie haben Gewalt über Leben und Tod des Angeklagten, wenn ihr Verdikt ein einstimmiges ist. Der vorsätzliche Mord wird – unbeschadet der vom Stamme zu leistenden Sühne – gewöhnlich wieder durch den Tod bestraft. Die Hinrichtung geschieht, indem man dem Mörder einen schweren Stein um den Hals bindet und ihn dann hinabstürzt in's Meer. Eben in Folge der Verpflichtung eines Stammes, für jeden seiner Angehörigen einzustehen, herrscht unter den Stammgenossen eine scharfe, gegenseitige Ueberwachung, welche wirksamer ist, als die beste Polizeibehörde, und deren Durchführung sich um so leichter bewerkstelligen läßt, als die Tscherkessen niemals in großen Ortschaften beisammenwohnen. Ihre größten Aoule kommen an Einwohnerzahl kaum unseren kleinsten Dörfern gleich. So geschieht es, daß die Bewohner eines Aouls immer von den Vermögensumständen unter einander auf das Genaueste unterrichtet sind, und die Vermehrung der Rinder, Schafe und Pferde (der gewöhnlichen Objekte des Diebstahls) eines Hausstandes niemals lange Geheimniß bleiben kann.

Kommt es dennoch vor, daß der Stamm den Verbrecher nicht ermitteln kann, oder Schwierigkeiten macht, die verlangte Strafe zu entrichten, so wird jeder Stammgenosse als Mitschuldiger betrachtet und bleibt, während der schwebenden Schuld, Mißhandlungen und Beleidigungen aller Art ausgesetzt. Nicht allein muß er sich dann sorgsam hüten, den Fuß in einen feindlichen Aoul zu setzen, auch an jedem dritten Orte, wo er mit einem Krieger des beleidigten Stammes zusammentrifft, kommt es fast jedesmal zu blutigen Auftritten.

Der Stamm ist verantwortlich für den Einzelnen, und der Einzelne für den Stamm. Die Unbill wie die Genugthuung kommt immer auf Rechnung des gemeinsamen Stammverbandes. Nicht der Verbrecher bezahlt die Sühne, sondern seine unschuldige Genossenschaft. Nicht der Beleidigte erhält Genugthuung, sondern der Tokum dem er angehört.

Nur in Zeiten großer Theuerung, oder bei alteingefleischtem Stammeshader kommt es vor, daß ein Tokum mit der Zahlung anerkannter Schuld lange auf sich warten läßt. Dasselbe geschieht auch wohl zuweilen bei einem großen Stamme, gegenüber einem kleineren und schwächeren. Solche Fälle gehören aber zu den seltenen Ausnahmen und die Blutrache des Einzelnen ersetzt dann die Stelle der Stammesjustiz. Im Allgemeinen hat sich das Kriminalsystem der Tscherkessen immer als sehr erfolgreich erwiesen, und das gegenseitige Absperren der Häuser und Ställe, aus Furcht vor Diebstahl, ist hier zu Lande vollständig unbekannt. Eben weil sich die Männer einer Verbrüderung größtentheils einander genau kennen, machen sie mit denen gemeiniglich kurzen Prozeß, welche den Stamm in ernste Ungelegenheiten bringen.

Die gesellschaftlichen Verhältnisse eines Tokum sind ganz nach kommunistischen Grundsätzen geregelt. Nicht in dem Sinne, daß (wie es vor Alters bei den Juden, bei den Persern, Römern und andern Völkern versucht wurde) eine regelrechte Gütervertheilung stattfände: die Besitzenden sind gehalten den Nichtbesitzenden auszuhelfen wo es fehlt. Brennt ein Haus ab, so müssen die Nachbarn es wieder aufbauen. Verwüstet der Feind alle Wohnungen und Felder eines Aouls, so muß die Stammesgemeinschaft den angerichteten Schaden ersetzen. Will ein armer Tscherkeß heirathen und es fehlt ihm an Mitteln, die Braut von den Eltern zu erkaufen, so müssen die Genossen ihm die Mittel verschaffen.

Die öffentlichen Angelegenheiten des Tokum werden immer in einem Medshilis (Volksrath) unter freiem Himmel verhandelt. Jeder freie Mann hat das Recht, an den Berathungen Theil zu nehmen. Doch findet hier gewöhnlich eine Vertretung in der Art statt, daß das Volk die anerkannt Weisesten und Tapfersten aus seiner Mitte so lange unbehindert schalten und walten läßt, als es sich überzeugt hält, daß sie nicht gegen den Vortheil des Stammes handeln.

Seit der Einführung des Islam in diese Lande ist es Sitte geworden, daß sowohl bei den Volksberathungen wie bei den Schwurgerichten, immer wenigstens ein schriftgelehrter Kadi zugegen ist, um die Satzungen des Koran in Anwendung auf die vorliegenden Fälle zu erklären, was jedoch auf die Entschließungen der Tamata wenig Einfluß übt, da der alte Landesbrauch immer noch heiliger gehalten wird als der Koran. Die Sitte ist stärker als die Religion und wo die Eine mit der Andern in Konflikt geräth, trägt immer die Erstere den Sieg davon. Die Tscherkessen bestreben sich um so mehr gute Muhammedaner zu sein, als ihnen das Christenthum durch die Russen verhaßt geworden ist; trotzdem legen sie auf die muhammedanischen Feiertage wenig Gewicht, während sie mit großer Gewissenhaftigkeit die Feste ihrer alten Götter Schiblé, Tleps, Sseosseros, begehen Dies mag sich wohl hauptsächlich daraus erklären, daß ihre alten heidnischen Festtage, im Gegensatz zu den islamitischen, ein vorwiegend heiteres Gepräge tragen und mit großen Thieropfern, Lustbarkeiten und Schmausereien verbunden sind.

Denn eben so groß wie die Ausdauer, mit welcher der Tscherkeß Entbehrungen aller Art erträgt, wo die Noth es gebietet, ist auf der andern Seite sein Hang zu fröhlichem Gelage. Im Felde nimmt der Krieger mit einer Handvoll roher Hirse und einem Trunke frischen Quellwassers vorlieb, ohne zu murren; zu Hause aber, im Kreise der Freunde, labt er sich gern an gutem Spießbraten, an Pilaw, an Busa und Arka, und an den vielen landesthümlichen, aus Mais, Hirse und Honig bereiteten, süßen Gebäcken und Gerichten. Jegliche Art von Gemüse aber, zu dessen Kultur sich das Land vortrefflich eignet, ist dem Tscherkessen eben so verpönt und verhaßt wie Schweinefleisch. Spießbraten und süße Gebäcke bilden immer und überall die Hauptbestandtheile des Mahles. Gerade wie bei den Georgiern und Armeniern essen die Diener das in der Schüssel Gebliebene gleich beim Wechseln der Gerichte auf, theils stehend, theils indem sie sich nacheinander in einem Winkel des Gemachs niederlassen.

Veranlassung zu großen Gelagen geben besonders die Medshilis, ein erfochtener Sieg, so wie jedes fröhliche und traurige häusliche Ereigniß.

Jeder Tscherkesse hat sein eigenes Haus, dem immer ein kleines Nebengebäude oder Gasthaus, angefügt ist, wo jeder Fremde allezeit freundlichen Empfang, Speise und Unterkommen findet. Die Gastfreundschaft der Tscherkessen ist weltberühmt geworden, und verdient in der That lobender Erwähnung, obgleich sie sich wesentlich durch nichts von der Gastfreundschaft der übrigen Gebirgsvölker des Kaukasus unterscheidet, als durch größere Beschränkung, welche allerdings durch die Verhältnisse geboten wird. Bei den neutralen oder russenfreundlichen Stämmen, wie bei den Kabardern, Osseten, Tuschen u. a., kann Jedermann gastliches Unterkommen finden, ohne daß der Kunak dadurch in große Verlegenheit geräth; die russenfeindlichen Tscherkessen aber müssen streng darauf sehen, daß sich unter dem Schutze der Gastfreundschaft nicht Spione oder moskowitische Emissäre in's Land schleichen, wie das schon zu wiederholten Malen geschehen ist. Ich erinnere nur an die beiden deutschen Namen Tausch und Thurnau. Tausch, ein gemeiner Kerl, der sich für Geld von den Russen zu Allem gebrauchen ließ, kam, wie das so der gewöhnliche Gang der Dinge ist, mit heiler Haut davon, während Baron von Thurnau, ein vornehmer russischer Offizier, beinahe drei Jahre lang in trauriger Gefangenschaft bei den Abasechen lebte.

Baron Thurnau war, nachdem er sich durch einen längeren Aufenthalt an der Kubanlinie, sowie an der Ostküste des Schwarzen Meeres, mit Tracht und Sitte der Tscherkessen vertraut gemacht hatte, begleitet von einem russenfreundlichen Eingebornen, und ganz tscherkessisch angethan, in das Innere des Landes gedrungen, um das Terrain kennen zu lernen und Pläne als Basis künftiger Operationen zu entwerfen. Verschiedene Umstände trugen dazu bei, daß der Baron eine geraume Zeit hindurch unerkannt im Lande bleiben konnte. Erstens hat seine ganze Körperbildung einen auffallend tscherkessischen Anstrich; zweitens hatte er sich mit großer Vorliebe und ächt russischer Nachahmungsfähigkeit in die tscherkessischen Eigenthümlichkeiten hineingelebt, und endlich spielte er die Rolle eines Taubstummen, um einerseits die Gefahr zu vermeiden, sich durch Unkenntniß oder schlechte Aussprache des landesthümlichen Idioms zu verrathen und anderseits Vortheil aus dem besonderen Ansehn zu ziehen, dessen Taubstumme, wie Blinde, in diesem Lande genießen.

Trotz all dieser Vorsichtsmaaßregeln und günstigen Umstände konnte, eben in Folge der oben beschriebenen Stammes-Einrichtungen, der geheime Zweck und die künstliche Rolle des Baron Thurnau auf die Dauer dem Scharfblick der Tscherkessen nicht entgehen. Er wurde erkannt und verrathen von einem abasechischen Häuptling, seine Papiere und Instrumente wurden ihm weggenommen und durch jahrelange, schwere Gefangenschaft bei dem halbwilden Stamme der Abasechen mußte er seine Kühnheit büßen, bis ihn ein anderer Häuptling, der sich mit seinen Stammesgenossen überworfen hatte und zu den Russen überging, gegen die Zusage einer großen Belohnung und Fürsprache beim Kaiser, befreite. Große Freude war im russischen Lager, als der längst verloren geglaubte Gefangene in Tiflis eintraf. Er hielt sich jedoch hier nicht lange auf, sondern schlug mit seinem Begleiter den Weg nach Moskau ein, wo ich ihn gleich bei seiner Ankunft im Hause des damaligen General-Gouverneurs v. Neidhart kennen lernte. Er sah entsetzlich leidend und abgemagert aus, und erst durch eine Badereise, welche er bald nachher auf kaiserliche Kosten nach Deutschland unternahm, wurde sein Körper wieder etwas gekräftigt, obgleich er die Spuren seiner Gefangenschaftsleiden Zeitlebens mit sich tragen wird.

Ein Jahr später, als H. v. Neidhart den Oberbefehl der kaukasischen Armee übernommen hatte, traf ich auch den Baron Thurnau im Kaukasus wieder, wo er noch jetzt als Oberst in russischen Diensten steht. Nach Allem, was ich von ihm, so wie von Glebow (dessen Gefangennahme im 1sten Theil dieses Buchs geschildert wurde) erfahren, pflegen die Tscherkessen, in den cis- wie in den transkubanischen Ländern, mit ihren russischen Gefangenen nicht sonderlich zart umzugehen. Zu näherer Veranschaulichung des Gesagten theile ich am Schluß dieses Buches, unter den Beilagen, einen Brief mit, welchen Glebow aus der Gefangenschaft an einen Verwandten, Oberst Bibikow, schrieb, und wovon er mir nach seiner Befreiung selbst eine wörtliche Abschrift verschaffte. Eine andere Abschrift dieses Briefes befindet sich unter den Aktenstücken des Generalstabs von Tiflis. [Fußnote]

Ce 9. Octobre 1843.    

Mon cher Bibikoff!

Je crains que ce billet ne tombe dans les mains de cet animal Attachikoff, car il m'est défendu d'écrire autrement qu'en russe. J'ai éprouvé les sensations d'être fouetté, même plusieurs fois; vous concevez donc bien d'où vient cette crainte. Ногайка не свой брашь [Fußnote]. Voilà les prix marqués par ces gueux pour notre délivrance; ma personne est estimée à deux mille roubles argent; votre garçon cent roubles argent. Ils ont baissé furieusement le prix, mais auparavant le dégagement, ou plutôt le rachat, s'élevait à 15000 roubles. Ils céderont encore. Si on pouvait arranger un échange ou troque contre les prisonniers qui se trouvent chez nous? Cela ne serait pas mal. Mais au plus vîte! car cette maudite existence, avoir bras et jambes liées, cravate de fer au cou, tout cela, vous conviendrez, ne présente pas beaucoup d'agréments; d'ailleurs, se trouver sous la dépendance de ce misérable Attachikoff me rend la vie plus que dure. Comme de raison, tout ce que je possédais, l'argent ainsi que les papiers sont tombés dans les pattes de ce traitre, décachetés et lus, outre le rapport dans lequel il s'agissait de Salitoff, que j'ai brulé, et encore un assignat de cent roubles. Cet argent appartenait probablement à Alexandre Ivanovitsch; je l'ai fourré sous le pan de mon surtout, le seul vêtement qui me reste. D'abord j'ai cru que le contenu de ces papiers produirait un certain effet. Non! après les avoir lu, il me demandait: шолько шо? поклонис'ь покорнеише Алекс: Семен: [Fußnote] et prie le, mon cher ami, d'être mon défenseur auprès d'Alex. Ivanowitsch. Il pourrait croire, que j'ai été fait prisonnier faute de mon étourderie. Je n'avais pas de convoi, oui! mais qui aurait pu croire qu'à 40 verstes de Stavropol, en plein jour, sur la grande route, les brigands pourraient me saisir! Jamais cette idée ne m'est venue, sur tout à moi, qui ai fait cette route peut-être une vingtaine de fois. Durant mon séjour ici j'ai amassé des connaissances des nouvelles que je vais vous donner: J'ai traversé le pays des Cabardiens fugitifs; j'y rencontrais nos soldats et c'est de ces fuyards que j'ai pris ces renseignements; quelques uns des habitants m'ont récité la même chose. Chamil a l'intention de tomber avec toutes ses forces sur la petite Cabarda; les Abaséks doivent le secourir de ce côté, car il n'attend que le moment favorable pour exécuter son projet; au reste, ce n'est pas une nouvelle, on s'attend à cela depuis très-longtemps. Quant au secours des Abaséks – ну гдъ мнъ дураким'ь пишь чай? да еще цьъшньий! [Fußnote] Encore une prière: N'oubliez pas de rappeller Verbitzky au souvenir d'Alexandre Ssemenovitsch. Браша не забюшь [Fußnote].

Tout à toi

Michel.    

Je serais resté ici en cas que les autorités trouveraient utile la prolongation de mon séjour dans ce pays. En tout cas je voudrais bien retourner.

Gléboff.

Uebrigens trifft eine so schlechte Behandlung wohl nur ausnahmsweise solche Personen, von deren Auslösung die Tscherkessen bedeutenden Gewinn erwarten. Um die Auslösung zu beschleunigen, wird den Gefangenen ihr Aufenthalt möglichst unerträglich gemacht. Auch wird nur auf den Fang hervorragender Militairs, deren Auslösung, trotz dem Verbote des Kaisers, doch über kurz oder lang erfolgt, besonderes Gewicht gelegt. Sicher ist, daß die meisten der bei den Tscherkessen gefangenen gemeinen Soldaten durchaus kein Verlangen spüren in das russische Lager zurückzukehren.

Ein harmloser Reisender wird, wenn nicht ein besonderer Verdacht auf ihm lastet, nie große Gefahr bei irgend einem tscherkessischen Stamme laufen. Ich besuchte, auf meiner Wanderung durch's Gebirge, mehrere Aoule in der kleinen Kabardah, und wurde überall gastfreundlich aufgenommen, ohne daß mir das geringste schlimme Abenteuer zugestoßen wäre. Noch länger hielt sich mein späterer Reisegefährte, Henry Seymour, bei den Kabardern auf und wußte nach seiner Rückkehr nur Rühmliches von ihnen zu erzählen. Allerdings gehören die Kabarder augenblicklich zu den neutralen Stämmen, da ihnen die Russen durch ihre Festungen und durch die den Terek entlang laufende Militairstraße sehr nahe gerückt sind, indeß wurzelt bei keinem Volke des Kaukasus der Russenhaß tiefer als hier, trotz der großen Anstrengungen und Opfer des Kaisers, die stolzen Häuptlinge der Kabardah für sein Interesse zu gewinnen. Bekanntlich war es dieses Land, dem die Russen ihre ersten sogenannten Rechtsansprüche auf den Besitz des Kaukasus entnahmen. Zar Iwan Wassiljewitsch, der Grausame, hatte die Tochter Temruk's, [Fußnote] eines kabardischen Häuptlings, zur Frau, und eine im Jahre 1717 von den Russen gegen den Chan von Chiwa unternommene Expedition wurde von Bekowitsch Tscherkaski, einem kabardischen Fürsten, befehligt, woraus man ein Jahrhundert später den Beweis zog, daß die Kabardah von jeher gemeinschaftliche Sache mit den Russen gemacht habe, und eigentlich immer nur eine russische Provinz gewesen sei. Die Kabarder haben inzwischen den Russen oft genug mit dem Schwerte in der Hand bewiesen, daß sie mit ihnen nichts gemein haben wollen; und wenn sie sich für den Augenblick neutral verhalten, so geschieht das nur in Erwartung eines Umschwungs der Dinge zu Gunsten Schamyls. Doch dies im Vorbeigehen . . .

Der Zutritt zu den Tscherkessen an der Küste ist deshalb doppelt schwierig, weil hier die Russen die Vermittlerrolle spielen, und die Bergvölker alles von den Russen Kommende mit gerechtem Mißtrauen aufnehmen. Doch genügt es, einen zuverlässigen Kunak zu haben, um auch hier überall durchzukommen. Der Kunak bürgt mit seinem Kopfe für die Sicherheit des Gastes, wenn er einmal Salz und Brod mit ihm gegessen, die Busa mit ihm getrunken und unter Einem Dache mit ihm geschlafen hat.

Ich machte von Ardiller aus, in Begleitung junger Dshigethenfürsten, welche durch Swan-Bey's Vermittelung nach Petersburg übersiedeln wollten, Exkursionen die Ufer der Mdsymta entlang, und wir stießen oft auf zahlreiche Tscherkessentrupps, ohne daß uns ein Haar gekrümmt wurde. Und doch mußten meine Begleiter den feindlichen Dshigethi doppelt verhaßt sein, weil sie schon im russischen Lager ihr Quartier genommen hatten. Aber Swan-Bey war zu geachtet im Lande, wegen der Thätigkeit die er entwickelte, um der Hungersnoth zu steuern, als das man gewagt hätte, seinen Gastfreunden ein Leides anzuthun. Auch die Schapßuch und Ubych hätten oft Gelegenheit gehabt mich gefangen zu nehmen, wenn ihnen anders darum zu thun gewesen wäre.

Ich verkehrte mit mehreren von den Häuptlingen und Effendis, bei welchen Bell und Longworth auf ihrer abenteuerlichen Reise, die Küste entlang, gewohnt hatten, und überzeugte mich, daß diese Herren einen sehr günstigen Eindruck hinterlassen, obgleich die hohe Meinung welche die Tscherkessen früher von der Macht der Engländer hatten, ziemlich verwischt ist, seit alle Hoffnungen auf wirksame Hülfe von dieser Seite sich als eitel erwiesen haben. Gus-Bey, genannt der Löwe von Schapßuch, Keri-Oglu-Schamin-Bey, Schimaf-Bey, vom Stamme der Tschipaku, und mehrere andere von Longworth's Gastfreunden sind inzwischen im Kampfe gegen die Russen ums Leben gekommen. Noch viele andere traurige Veränderungen würde Longworth finden, wenn er heute zu seinen Freunden an der Küste zurückkehrte. Von den Indar-Oglu's sind zwei zu den Russen übergegangen, und ihre Wohnungen der Erde gleich gemacht. Mehrere andere in Longworth's Werke bezeichnete Wohnsitze vornehmer Tscherkessen haben russischen Blockhäusern Platz gemacht, und ihre alten Bewohner sind in das Innere des Landes zurückgedrängt. Vor Allem aber hat die durch die russische Absperrung erzeugte Hungersnoth ungeheure Verwüstungen angerichtet, und Glieder der vornehmsten Familien in's Elend gebracht.

Bekanntlich haben auch die Tscherkessen seit Alters ihre erblichen Standesunterschiede, welche sich jedoch seit der Einführung des Islam, durch die nivellirenden Satzungen des Koran wesentlich verwischt haben. Die waffentragenden Männer (sogenannt im Gegensatz zu den Sklaven, welche keine Waffen tragen dürfen), zerfallen in drei Klassen: Pschi (Fürsten), Usden oder Work (Edelleute) und Tokav (Freie). Die Sklaven oder Leibeigenen, deren große Masse aus Kriegsgefangenen besteht, sind lediglich darauf angewiesen, den Acker zu bebauen, das Vieh zu hüten und die Arbeiten des Hauses und des Stalles zu besorgen.

Die Pschi und Usden besaßen früher große Vorrechte, und standen ungefähr in demselben Verhältniß zu der übrigen Bevölkerung, wie bei uns die Fürsten und Ritter des Mittelalters. Der Mißbrauch, den sie mit ihrer Gewalt trieben, veranlaßte, daß man ihnen diese Gewalt ganz nahm, und heutzutage unterscheiden sie sich von den Tokav oder Freimännern durch nichts als durch ihre angestammten Titel. Trotzdem sind die drei Klassen in sofern von einander geschieden, als sie sich durch eheliche Verbindungen nie vermischen. Ein Pschi wird nie die Tochter eines Usden, und ein Usden nie die Tochter eines Tokav heirathen. Im Uebrigen stehen die Tokav in keinerlei Abhängigkeit von den Fürsten und Edelleuten. Im Medshilis übt derjenige den größten Einfluß, der am meisten Einsicht und Verstand zeigt, und in Kriegszeiten wird derjenige zum Anführer erkoren, der sich durch Tapferkeit und Umsicht am meisten hervorgethan, ohne daß man dabei die mindeste Rücksicht auf Rang und Stand nimmt. Und von den Pschi und Usden stehen beim Volke nur diejenigen in besonderem Ansehn, welche sich durch ganze Geschlechter im Medshilis und im Felde besonders ausgezeichnet haben. Hieher gehören z. B. die Familien der Sefir-Bey, Schimaf-Bey, Selim-Bey, Haoud-Oglu-Mansur-Bey u. a.

Es ist vielfach behauptet worden, daß die Pschi und Usden vor Jahrhunderten eingewandert seien und eine von der übrigen Bevölkerung gänzlich verschiedene Race bilden. Ein edler arabischer Stamm soll sich in der Kabardah niedergelassen haben, wo er sich mit den Töchtern des Landes vermischte und ein durch seine Schönheit weit berühmtes Geschlecht erzeugte. Die Kabarder unterwarfen später die Länder zwischen dem Kuban und dem Schwarzen Meere, und ihre Edlen setzten sich hier als Herrscher fest. Ihre Herrschaft wurde ihnen entwunden im Laufe der Jahre; sie selbst aber blieben im Lande bis auf den heutigen Tag. So lautet die Sage, an welcher jedenfalls so viel wahr ist, daß die Kabarder einen durchgängig schönen Menschenschlag bilden, und daß die Fürsten und Edlen der Schapßuch, Ubych und Dshigethi sich sehr zu ihrem Vortheil durch hohen Wuchs und edle Gesichtsform von der großen Masse des Volks unterscheiden. Sprachliche Untersuchungen können hier wenig dazu beitragen, der Sache auf den Grund zu kommen, da die Sprache der Abchasen, Schapßuch, Ubych und Kabarder – wie schon Güldenstädt nachgewiesen – Töchter Einer Mutter sind. Die arabischen und türkischen Beimischungen, welche man dem Koran und seinen Auslegern zu verdanken hat, finden sich gleichmäßig in allen genannten Ländern wieder; eben so sind die am häufigsten vorkommenden fremden Namen, wie z. B. Ali, Muhammed, Moissohl (Moses), Chammursa (Hundefürst), Tamassa (Thomas), Dshatemir (Eisenseele) u. a. überall in gleichem Maaße heimisch . . .

Ich habe weiter oben darauf hingewiesen, daß das Stammesleben bei den Tscherkessen nur ein erweitertes Familienleben ist. Es kommt daher unter den Freien fast niemals vor, daß ein Mann eine Stammesgenossin heirathet. Es wird dieses, wo es ausnahmsweise geschieht, als eine Art Blutschande betrachtet. Nach diesem Grundsatze sind daher auch die Frauen und Mädchen mit ihren männlichen Stammesgenossen viel leichter und freier im Umgange, als mit den Männern eines fremden Stammes.

In früheren Zeiten war das Schleiertragen hier ganz unbekannt; mit dem Islam wurde auch der Schleier eingeführt. Die Mädchen gehen bis zu ihrer Verheirathung unverschleiert und erlauben sich bis zu einem gewissen Punkte in ihrem Benehmen gegen Männer Freiheiten, wie man in keinem andern Lande findet. Mit dem Eintritt in die Ehe hören diese Freiheiten auf. Der Schleier zieht gleichsam eine Scheidewand zwischen dem Leben der Jungfrau und der Gattin. Von dem Tage an, wo die Frau ihr Gesicht mit dem Schleier verhüllt, ist sie Eigenthum ihres Mannes und ihre Welt beschränkt sich auf ihr Haus. Stirbt ihr Mann, so haben seine nächsten Verwandten ein Anrecht auf sie. Doch bezieht sich dieses Anrecht nur auf die Person, nicht auf das Vermögen. Denn nach den Satzungen des Koran hat jede Frau freies Eigenthum, worüber sie schalten kann nach eigenem Ermessen. Ueberhaupt wird die Frau auch durch die Ehe nicht Sklavin des Mannes, sondern kann ihn verklagen, und sich sogar von ihm trennen, wenn er sie in ihren, im Koran genau bezeichneten Rechten kränkt. Ja selbst die geborene Sklavin genießt alle Vorrechte einer freien Frau, sobald sie Mutter wird.

Die Tscherkessinnen, welche durch Vermittelung des Sklavenhändlers ihr Glück in der Ferne suchen, gehören meistentheils dem vierten Stande an. Der für sie bezahlte Preis wird getheilt zwischen den Eltern und dem Herrn. In gleicher Weise müssen die Leibeigenen, welche ein Handwerk treiben (Waffenschmiede, Mattenflechter u. s. w.) ihren Verdienst mit dem Herrn theilen.

Die Mädchen werden unter allen Ständen zu Hause erzogen, während man die Knaben der drei freien Stände schon in frühester Jugend fremder Obhut anvertraut, um sie vor elterlicher Verzärtlung zu wahren. Sind sie soweit herangewachsen, daß sie ein Pferd satteln und die Waffen führen können, so müssen sie Pagendienste bei ihrem Atalik (Pflegevater) thun, und heißen während dieser Zeit Dsherat. Der Dsherat begleitet seinen Atalik auf allen Kriegsfahrten, wird von ihm im Reiten, Schießen und sonstigen Uebungen unterrichtet und bleibt bei ihm bis zu seiner Verheirathung, welche gewöhnlich ebenfalls durch Vermittelung des Atalik geschieht.

***

. . . Wie ich eben im Begriff bin, dieses Kapitel zu schließen, geht mir die Kunde zu von dem schrecklichen Ereigniß in Inowraclaw, wo ein Trupp nach Preußen desertirter Tscherkessen auf eine Weise hingeschlachtet wurde, die dem Kopf und Herzen der betreffenden Behörden wenig Ehre macht. Alle Zeitungen sprechen mit gerechter Entrüstung von dem, an die finstersten Zeiten des Mittelalters erinnernden Kartelvertrage, welcher Veranlassung zu jener Schreckensthat gegeben – während sie den Heldenmuth den die Tscherkessen bei dieser Gelegenheit bewiesen, als etwas für europäische Begriffe Unerhörtes rühmen. In Betracht des großen und allgemeinen Interesses, welches das todesmuthige Benehmen der tapfern Bergsöhne erregt hat, glaube ich manchem Leser einen Dienst zu erweisen, wenn ich hier die Schilderung eines ähnlichen Vorfalls einflechte, der aus der Zeit meines Aufenthalts im Kaukasus datirt, und worüber ich schon damals (1844) an Ort und Stelle in meinen Reisebriefen an die »Allgemeine Zeitung« eine kurze Mittheilung machte.

Der Schauplatz der Handlung ist am linken Ufer des Terek, an der Grenze des Tschetschenzenlandes, etwa 35 Werste westlich von der Stelle, wo die Ssunsha, welche die kleine von der großen Tschetschnja scheidet, sich in den Terek ergießt. Dort hatte General v. Neidhart im Frühjahr 1844, bei Eröffnung des Feldzuges gegen Schamyl, sein Hauptquartier aufgeschlagen, wurde aber durch eine Menge Uebelstände längere Zeit in seinen Operationen gehindert. Erst trafen die Proviantlieferungen nicht zur rechten Zeit ein; dann trat der Terek aus seinen Ufern und überschwemmte das Lager; dazu kamen kecke Angriffe Schamyl's, der die Verlegenheit der Russen klug auszubeuten wußte – kurz, jeder Tag wurde durch neue Unfälle bezeichnet, bis endlich mit dem Eintreffen der Proviantwagen die Operationen begannen. Kurz vorher ereignet es sich, daß ein 60jähriger Tschetschenz, seines verdächtig scheinenden Passes wegen, von Kosaken aufgegriffen und ins Hauptlager von Tscherwlonnaja geführt wird. Der alte Tschetschenz trägt eine Uhr bei sich, welche ihm die Kosaken abnehmen wollen; ich weiß nicht ob käuflich oder auf andere Weise; er will sich aber nicht davon trennen, und die Kosaken weigern sich dafür ihm zu trinken zu geben, obgleich ihn brennender Durst plagt, und er den ganzen Tag in der Sonnenhitze hat neben den Pferden herlaufen müssen, ohne einen Schluck Wasser zu bekommen. Halb verschmachtet vor Durst, kommt der alte Krieger in Tscherwlonnaja an, und wird in Ketten auf die Hauptwache gesetzt, wo sich außer ihm noch einige Kosaken nebst einem Urjädnik (Unteroffizier), welcher die Aufsicht führt und die Schreibereien zu besorgen hat, befinden. In der Ecke kauert gefesselt der Tschetschenz, anscheinend in tiefem Schlaf; am Tisch sitzt der Urjädnik, emsig schreibend; die müden Kosaken hängen im Gefühl vollkommener Sicherheit ihre Waffen an die Wand, bereiten auf dem Fußboden ihr Nachtlager und schlafen ein.

Der Urjädnik, welcher um sich her Alle im tiefen Schlummer sieht, reibt sich auch schlaftrunken die Augen, und steht auf, um draußen etwas frische Luft zu schöpfen. Der durch die geöffnete Thür ins Zimmer dringende starke Luftzug löscht das auf dem Tische brennende Licht aus, und tiefes Dunkel herrscht plötzlich in der Wachtstube. Die nächtliche Stille wird nur durch das Schnarchen der auf dem Boden ausgestreckten Kosaken unterbrochen. Leise erhebt sich der alte Tschetschenz, welcher nicht geschlafen, sondern nur aus Vorsicht die Augen geschlossen hatte, behutsam schleicht er mit seinen Ketten an den schnarchenden Wächtern vorüber, bemächtigt sich eines an der Wand hängenden Dolches, stürzt sich damit auf die schlafenden Kosaken, und richtet ein furchtbares Blutbad unter ihnen an. Einer bleibt gleich todt liegen, die andern taumeln, von Todesröcheln und Dolchstichen aufgeschreckt, der Thüre zu und schreien um Hülfe. Der Urjädnik hört das Geschrei, kommt ins Zimmer zurück, und es gelingt ihm, in der Dunkelheit den wüthenden Alten von hinten zu packen. Dieser aber schlägt und beißt wie ein Rasender um sich, und bringt seinem Gegner, einem hochgewachsenen starken Manne, während des Ringens sieben Wunden im Gesicht bei, so daß letzterer auch genöthigt ist, sein Heil in der Flucht zu suchen. Ehe er sich jedoch weiter nach Hülfe umsieht, verrammelt er die Thür, um dem Tschetschenzen das Entfliehen unmöglich zu machen. Ein junger Kosak, welcher sich auf den Ofen gerettet, und nicht gewagt hat, wieder herunter zu steigen, ist jetzt mit seinem im Blut schwimmenden Bruder und dem furchtbaren Tschetschenzen, der inzwischen seine Fesseln mit dem guten Dolch gelöst hat, allein im Zimmer. In der Dunkelheit wird er von dem Alten nicht bemerkt; er hält den Athem an, um sich nicht durch Geräusch zu verrathen, und bringt so die Nacht in der entsetzlichsten Todesangst zu. Unterdessen wird Allarm geschlagen, im Hofe wird's laut, Fackeln leuchten durch die Nacht, Hunderte von Kosaken und Soldaten umzingeln das Haus. Aber der Alte hat sich auf so etwas gefaßt gemacht, und bereits Vorkehrungen zu hartnäckiger Gegenwehr getroffen. Die an der Wand hängenden Flinten und Pistolen sind geladen, und es findet sich noch ein ansehnlicher Vorrath von fertigen Patronen. Er hängt einen Säbel um, verriegelt inwendig die Thür, und erwartet kampfbereit seine Feinde. Diese halten es, nach verschiedenen fruchtlosen Versuchen, den wilden Krieger aus der Hütte zu bringen, für räthlich, bis Tagesanbruch zu warten, um ihn wo möglich lebendig zu fangen. Der Tag bricht an. Ein der Tschetschenzensprache kundiger Kosak wird abgeschickt, den Belagerten zu überreden, sich zu ergeben; es solle sein Leben geschont werden. Aber er antwortet nur mit Flintenschüssen. Ein neugieriger Kosak hält das Auge vor ein kleines Loch in der Thür, um den sonderbaren Alten zu sehen; in demselben Augenblick fliegt ihm eine Kugel ins Auge. Da kein anderes Mittel übrig bleibt, sich des Helden zu bemächtigen, fangen die Russen an, auf das Haus zu feuern. Der Tschetschenz erwiedert das Feuer aufs lebhafteste, keine Kugel scheint ihn zu treffen, bei seinem Schuß aber fließt jedesmal Blut.

Ein Offizier kommt auf den Gedanken, das Haus von oben in Brand zu stecken, und alsobald fliegen von allen Seiten Feuerbrände auf das dicke Strohdach, welches in wenigen Minuten in Flammen steht. Mit Blitzesschnelle greift das Feuer um sich, die Decke des Zimmers ist dem Einsturze nahe, der Tschetschenz blutet schon aus mehrern Wunden, aber fern davon sich zu ergeben, feuert er zum letztenmal sein Gewehr ab, nimmt den Dolch in die linke, den Säbel in die rechte Hand, schlägt die Thür ein und stürzt so, blind um sich hauend, mitten unter den Haufen der Feinde, welche verwirrt von so übermenschlichem Muthe, wie auf ein gegebenes Zeichen zurückweichen. Schon war der Unglückliche, von Blutverlust ermattet, dem Hinsinken nahe, als ein stämmiger Krieger der Tuschina mit gezogenem Säbel aus ihn losspringt und ihm den Kopf von oben bis unten spaltet.

Ich übergehe die Schilderung der Abscheu erregenden Rohheit, mit welcher die russischen Soldaten die Leiche des Helden mißhandelten.

Als der greise General Herr v. Neidhart hörte, wie viele Russen unter den Streichen des alten Tschetschenzen gefallen waren, umzog eine Wolke des Kummers seine Stirn, und er sagte betrübt: »So Viele um Einen!«

Unter den Gefallenen waren auch drei Kosaken aus dem Gefolge des Feldherrn. Das Schicksal der Familien der Getödteten ging ihm zu Herzen. »Wer wird nun für die armen Frauen und Kinder sorgen« sagte er bewegt zu einem seiner Vertrauten. Darüber trösten Sie sich, General! erwiederte dieser; bei den Kosaken vom Kaukasus ernährt die Frau den Mann, und nicht der Mann die Frau.

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