Erzählung über den
abgesetzten Schah
Als der durch
des Wesirs Arglist verführte
Heillos
Blutdürstige nicht mehr regierte,
Ward Schah
ein andrer, jenes Juden Spross,
Der auch der Christen Untergang beschloss.
Willst du von
diesem Frevel auch die Kunde?
Lies von den
Burgen an des Himmels Kunde!
Ja, es
beschritt auch dieser Schah die Bahn,
Die böse
Bahn, die angebahnt sein Ahn.
Wer immer einen bösen Brauch erfunden,
Den trifft Abscheu und Flucht zu allen Stunden.
Der Gute geht, es dauert seine Bahn;
Unrecht und
Fluch bleibt von dem bösen Mann.
Bis zum
Vergeltungstag bleibt, was erzeugt
Vom Bösen ist, zum Bösen hingeneigt;
Bis zum
Posaunenton gesondert fließen
Des bittern Wassers Adern und des süßen.
Des Guten
Erbe ist das süße, klar –
Dies Erbe ist das Buch, das ewig wahre.
Erkenne in
der strebenden Gebeten
Strahlen vom Edelsteine der Propheten!
Es wendet
sich der Strahl mit dem Rubin,
Der ihn erzeugt, und fällt zurück auf ihn.
Des Fensters
Schimmer sich im Zimmer wendet,
Je wie die
Sonne ihre Bahn vollendet.
Der Stern,
dem jeder Mensch anheimgegeben,
Bestimmt sein Tun, beherrscht sein ganzes Leben,
Steht Venus
in dem Horoskop, so neigen
Die Sinne
sich zu Lieb’ und Spiel und Reigen;
Steht Mars in
ihm, so dürstet heiß nach Blut
Der Mensch
und sucht nach Streit und Kampfesglut.
Doch ob den Sternen andre Sterne blinken,
Die nicht
verbrennen, noch vergehen und sinken,
Wandelnd an
andern Himmeln, als den sieben,
Die und
benannt die Weisen und beschrieben,
Wurzelnd im
strahlend reinen Gotteslicht,
Verbunden nicht und auch zu trennen nicht.
Der unter
dieser Sterne Gunst Geborne
Verbrennt und steinigt alles Gottverlorne.
Doch stammt
sein Zorn von Mars nicht, der bald siegt,
Und bald in
stetem Wechsel unterliegt.
Das höh’re Licht bleibt von Verfinsterungen.
Gott spendet aus dies Licht der Seelenwelt,
Heil dem, der
sein Gewand nur dorthin hält!
Von allem,
was nicht göttlich, zieh den Blick,
Wem dieses
Lichtes Spende ward, zurück.
Doch dieser
Spende der nur dich erfreut,
Der sich umgürtet mit der Liebe Kleid.
Das Ganze
sucht der Teil, wie zu der Rose
Hinstrebt der
Nachtigallen Lenzgetose.
Nur
äußerliche Farbe trägt das Tier,
Von innen strahlt des Menschen Farbenzier.
Klarheit und
Glück die Farbe ist des Reinen,
Aber des
Hohnes Schwarz die den Gemeinen.
Farbe von
Gott heißt jene Farbe zart,
In dieser
Gottes Fluch sich offenbart.
Zum Meere
geht, was aus dem Meer gekommen,
Und alles kehrt, woher es ward gekommen:
Vom
Bergeshaupt die Ströme niedereilen –
Liebende Seelen nicht im Leibe weilen.
Schau, was der Jud’ ersonnen! Einen Götzen
Neben ein
lodernd Feuer ließ er setzen,
Und sprach:
„Die zu dem Gott sich nicht bekehren,
Soll diese
Glut verbrennen und verehren.“
So lange war das Ich sein Götz gewesen,
Bis eines andern Götzen es genesen.
Denn nur die
Selbstsucht das Idol erzeugt,
Der Götz der Schlange, sie dem Drachen gleicht.
Dem Stahl und
Stein das Ich gleicht; draus entspringt
Der Götz, ein
Funken, den kein Wasser zwingt.
Stahl löscht
und Stein kein Wasser; - Stahl und Stein
Im Busen – kann der Mensch da sorglos sein?
Im Innern
schüren Stahl und Stein die Glut,
Nichts
leistet gegen diese Glut die Flut.
Wohl mag die Flut die äußre Glut bezwingen,
Nie kann in
Stahl und Stein hinein sie dringen.
Judentum ist
und Christentum die Welle
Der Stahl und
Stein entsprungnen Feuerquelle.
Wasser im
Schlauch wird allzeit schal und schwindet,
Doch ewig
frisches Nass im Quell sich findet.
Der Götz
verdorbnem Wasser gleicht im Schlauche –
Die
Selbstsucht ist der Quell solch ekler Jauche.
Der Götz von
Holz ist eine trübe Lache,
Das Ich
gleich an der Heerstraß’ einem Bache.
Ob hundert
Wasserkrüg’ ein Stein zerschelle,
Ewig lebendig
rinnt das Nass der Quelle.
So ist der
Götz zerstörbar, doch es können
Die
Selbstsucht Toren nur zerstörbar nennen.
Ihre Gestalt
willst du von mir in Worten? –
Lies von der Hölle mit den sieben Pforten!
Ihr Hauch ist
Arglist, und selbst Pharaonen
Verschlingt dies Meer mit ihren Legionen!
Zu Mosis Gott, zu Moses fleuch, und lass
Schnöde
verrinnen nicht des Glaubens Nass!
Halt’ dich an Achmed, halt’ dich an den einen!
O mach dich frei vom Leibe, dem gemeinen!
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Zur helle Lohe führte, zu dem Bilde,
Mit ihrem
Kind ein Weib der Schah, der wilde.
Er ward das
Kind ins Feuer, und verzagend
Wollte, und
seinem Glauben schon entsagend,
Das Weib zum
Bilde beten angstbetört –
Da rief as Kind: „Sieh, ich bin unversehrt!
Komm,
Mütterlein, mir ist so wohl zumut,
Schein’ ich
auch rings umgeben von der Glut.
Nur den
Befangnen diese Flammen blenden,
Das freie
Auge sieht drin Gnadenspenden.
Komm, Mutter,
sie, wie sich der Herr bewährt,
Sie, wie den
Seinen Wonne er beschert!
Komm her! wie
Fluten kühl sind diese Flammen,
Die der flutkühlen Glutenwelt entstammen.
Komm und
erkenne, wie Chalil gesessen
Im Feuer unter Rosen und Zypressen!
Den Tod, ich
sah ihn, als du mich gebarst;
Wie bangte
mir, da du entbunden warst!
Doch hat
Erlösung mir aus Kerkernacht
Zur süßen
Lichtwelt die Geburt gebracht.
Eng gleich
dem Mutterleib die Welt ich finde,
Seit solche
Wonn’ ich in der Glut empfinde.
Ich seh’ hier
eine Welt in Glut und Rauch,
Durchdrungen ganz von Jesu Balsamhauch
Ob diese Welt
gestaltlos, doch besteht sie,
Ob jene Welt
gestalten, doch vergeht sie.
Komm, bei der
Mutterliebe heil’gem Bande!
Denn sieh,
Brennkraft ist nicht in diesem Brande.
Komm, meine
Mutter, Glück wirst du gewahren,
Komm, Mutter,
lass ein solches Heil nicht fahren!
Du siehst ja
jenes Hundes Macht; komm her,
Hier siehst
du Gottes Macht und Huld und Ehr’.
Mein Flehn,
es kommt aus liebewarmer Brust,
Denn nicht bedarf ich dein in meiner Lust.
Komm her und
ruf die andern auch zusammen,
Ein Luftmahl
gibt der Schah uns in den Flammen.
Kommt,
Gläub’ge! Stürzt euch allesamt herein,
Wonne
gewährt der Glaube euch allein.
Eilt, wie zur
Kerze liebberauschte Mücken,
Hierher, wo
hundert Lenze euch entzücken!“ –
So rief das Kind inmitten jener Scharen,
Staunens und
Schreckens voll die Gläub’gen waren.
Bewusstlos
rannte, Mann und Weib zusammen,
Das ganze
Christenvolk dann in die Flammen,
Getrieben einzig von des Freundes Liebe,
Die süß und
klar das Bittre macht und Trübe;
Bis die
Trabanten selbst des Schah vergebens
Zu ihnen
sprachen: „Schonet eures Lebens!“
Schwarz ward aus Scham das Angesicht des Schah,
Das Herz ihm
ob misslungnem Streben brach,
Da dieses
Volk im Glauben liebentzückt,
Und selbst
der Tod es nicht der Treu’ entrückt.
O wohl, dass
auf ihn selbst die List des Bösen
Fiel, dass er
schwarz sich sah, ein Höllenwesen!
Mit Schmach
die Glub’gen hofft er zu bedecken,
Und selber
blieb in Schmach und Hohn er stecken;
Ihr Kleid,
dran er gezerrt, blieb unverletzt, -
Sein eignes
ward zerrissen und zerfetzt!