Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

Aussprache:
arabisch:
persisch:
englisch:

1989 n.Chr.

zum Inhaltsverzeichnis

.Bücher zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.

Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

Ihr werdet beherrscht vom Wettstreit nach Mehrung, bis ihr die Gräber erreicht (Heiliger Quran 102/1-2)

Das Todesurteil wirkt verkaufssteigernd

Es wurde manchmal behauptet, daß das Buch "Die Satanischen Verse" erst durch das Todesurteil publik gemacht wurde: "Wenn wir dem Buch, 'Satanische Verse' weniger Beachtung geschenkt hätten, dann wäre auch die unerhörte Publizität durch die westliche Presse unterblieben. Rushdie hätte kaum Erfolg gehabt" (Aussage eines westlich orientierten Scheichs einer Moschee in Paris; Die Welt 17.2.89). In dieser Kritik kommt die totale Unkenntnis über die Hintergründe der Veröffentlichung zum Ausdruck. Bei dem Verleger Penguin-Viking handelt es sich um ein nach marktwirtschaftlichen Interessen orientiertes Unternehmen.

Natürlich bringen auch marktwirtschaftlich orientierte Verlage manchmal aus politischen Gründen verlustträchtige Bücher auf den Markt, wobei der Verlust durch Gewinne anderer Publikationen ausgeglichen wird, aber dennoch bleibt auch dabei der Verlust normalerweise im überschaubaren Rahmen. Der finanzielle Hintergrund dieses Buches aber sprengt alles Überschaubare. Der Autor erhielt, wie bereits erwähnt, eine Vorabzahlung in Rekordhöhe von umgerechnet 1,5 Millionen Mark. Und es steht fest, daß der Verleger damals nicht mit einer Verkaufsförderung durch Imam Khomeinis Urteil rechnen konnte. Mit der ersten englischen Auflage von 50000 Exemplaren sowie 75000 in den USA hätte kaum ein größerer Gewinn hereingeholt werden können, zumal der Verkauf schleppend anlief. Deswegen waren Vorbereitungen getroffen worden, das Buch werbeträchtig zu vermarkten, um weitere Auflagen notwendig zu machen. Eine zukünftige Taschenbuchausgabe war ohnehin von Anfang an vorgesehen. Die Auszeichnung des Autors durch den höchstdotierten englischen Buchpreis, den Whitbread-Preis, war der Anfang von Maßnahmen, mit dem das Buch zum Verkaufshit werden sollte. Mehrere Buchlesungen Rushdies für das Fernsehen waren bereits aufgenommen und warteten auf die Ausstrahlung (Ausschnitte zu sehen im Auslandsjournal/ZDF 17.2.89). Passagen des Buches waren Videoclips ähnlich vorbereitet. Ausschnitte davon wurden auch im deutschen Fernsehen gesendet (Kulturweltspiegel ARD 5.3.89). Eine Publicity-Tour durch die USA, in der Rushdie sein Buch persönlich in elf Städten vorstellen wollte, wurde abgebrochen, als das Todesurteil ausgesprochen war. Zahlreiche andere Maßnahmen, welche nicht mehr bekannt wurden, steckten in den Schubladen der Verleger. Möglicherweise sollte das Buch gemäß "Die letzte Versuchung Christi" verfilmt werden. Anfang April 1989 lag das Buch in mehreren Sprachen vor: Englisch, Französisch, Italienisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Holländisch, Finnisch und möglicherweise war auch die deutsche Übersetzung bereits druckreif. Eine Übersetzung ins Serbische wurde begonnen. Daß diese Übersetzungen nicht erst nach der Fatwa von Imam Khomeini geplant wurden, ist ein weiteres Indiz dafür, welche weltweite Verbreitung des Buches von vornherein geplant war.

Doch Imam Khomeini machte dem Verleger einen Strich durch die Rechnung. Nach dem Todesurteil war nicht mehr daran zu denken, die Werbekampagne fortzuführen. Dennoch ist ohne Zweifel festzustellen, daß das Todesurteil verkaufsfördernd gewirkt hat, zumindest kurzzeitig: "Aus dem Ladenhüter ist ein Bestseller geworden" (Stuttgarter Ztg. 20.2.89). Einen Gewinn bedeutete das für den Verlag aber dennoch nicht, denn die Kosten für die nun zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen übertrafen alle eingeplanten Ausgaben für die Werbung: ".. das Leben des Salman Rushdie, 41, ist für seinen Verlag kaum noch bezahlbar. Schon über 5 Millionen DM kostete den Londoner Penguin-Verlag der Objektschutz für bedrohte Filialen. Sechs Beamte des 'Spezial Branch' von Scotland Yard schieben jeweils acht Stunden Schicht. Schutz noch mindestens ein Jahr. Kosten pro Tag 3000 DM. Zahlt der Steuerzahler" (Bunte 22/89 24.5.89). Das sind weitere 10 Millionen Mark, die an Mindestkosten noch einzuplanen sind. "Da selbst Premierministerin Margaret Thatcher nur drei Bodyguards hat, rief ein Mitglied des Oberhauses jetzt zu mehr Sparsamkeit auf: Dem verfolgten Literaten sei zumindest nicht mehr Schutz zu gewähren als der Regierungschefin" (Stern 29.6.89). Der Schaden für die britische Volkswirtschaft durch entgangene Aufträge im Iran läßt sich noch gar nicht abschätzen, übersteigt aber mit Sicherheit um ein Mehrfaches die Verluste von Rushdies Verlag. Für die Exportwirtschaft Großbritanniens bedeutet das eine Katastrophe.

Der Verlag aber schien ursprünglich aus all diesem nichts gelernt zu haben, denn die Taschenbuchausgabe sollte immer noch, allerdings in Zusammenarbeit mit anderen Verlagen, verbreitet werden (Spiegel 14/89, 3.4.89). Nach neuesten Meldungen jedoch verzichtet Penguin-Viking auf die Herausgabe der Taschenbuch-Version. Ohne Zweifel hat das Todesurteil zu sehr vielen Lesern geführt. Zwar wären möglicherweise genau so viele oder höchstwahrscheinlich gar mehr Leser durch Werbeaktionen des Verlages gefunden worden, aber nun war das Todesurteil der Auslöser.

Es gibt jedoch einen großen Unterschied zwischen dem durch Werbung animierten Leser und dem durch das Todesurteil beflügelten Leser. Der jetzige Leser liest das Buch im Bewußtsein, daß es sich um einen antiislamischen und von Muslimen als höchst verabscheuungswürdig eingestuften Text handelt. Somit verliert der Text seine verleumderische Wirkung gegen den Islam. Gleichzeitig ist überall auf der Welt eine Diskussion zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen entstanden, welche langfristig gesehen, sehr fruchtbar für das Verständnis des Islam bei den Nicht-Muslimen werden kann. I

mam Khomeini hat Salman Rushdie, den Sprecher der Feinde des Islam, sehr berühmt gemacht; daran gibt es keinen Zweifel! Doch tat Imam Khomeini dabei nichts anderes als die göttlichen Wegweisungen zu befolgen. Schließlich hat Gott der Erhabene durch die Offenbarung eine ganze Sure einem der damals besonders auffälligen Feinde des Islam und des Propheten gewidmet: Der Mann hieß Abu Lahab (Vater des Feuers). Noch 1400 Jahre nach dem Tod von Abu Lahab ist sein Name unter den Muslimen unvergessen, und viele Millionen Muslime rezitieren die Sure, welche die Verwünschungen gegen ihn ausdrückt. Seine Berühmtheit unter den Muslimen hat ihm und seinen Helfershelfern genauso geschadet, wie die Berühmtheit Rushdies seinen Helfern geschadet hat und in Zukunft noch schaden wird.

Eine berühmte US-amerikanische Schriftstellerin glorifizierte Rushdies Buch mit den Worten: "Das Geschriebene überlebt seinen Autor". Sie täuscht sich, denn das ist nicht allgemein gültig. Von den zahllosen Hetzschriften gegen den Propheten des Islam aus früherer Zeit wird heute keine Zeile mehr gelesen, so daß immer wieder neue Rushdies kommen müssen, um neue Verleumdungen aufzuschreiben, um eines Tages auch in Vergessenheit zu geraten. Die Fatwa von Imam Khomeini dagegen, das kann jetzt schon festgestellt werden, wirkt auch nach Imam Khomeini noch weiter. Der unvergleichbare Boom des Buchabsatzes in der westlichen Welt nach dem Todesurteil beinhaltet auch eine Feindschaft gegenüber dem Islam und den Muslimen. In Italien war die erste Auflage von 20000 für italienische Verhältnisse recht teuren Exemplaren nach dem Todesurteil innerhalb kürzester Zeit vergriffen, und die zweite Auflage wurde nun mit 200000 geplant (Die Welt 2.3.89). Die Kauflust mit der Lust auf das Verbotene zu erklären, wäre unzureichend. Schließlich gab es auch christliche Gegnerschaft gegen den Film "Die letzte Versuchung Christi", wobei es sogar einen Toten gab, als ein Kino im November 1988 in Paris in Brand gesetzt wurde. Und trotzdem wurde der Film kein Kassenschlager, trotz des enorm medienwirksamen Werbeaufwands und der Nominierung für einen Oskar. Das Buch "Die Satanischen Verse" ist dazu bisher nicht als Taschenbuch erhältlich und deswegen relativ teuer. Auch kann nicht die Neugier auf die entscheidenden Stellen im Buch ausschlaggebend für die hohen Verkaufszahlen nach dem Todesurteil sein, da gerade diese Stellen in vielen Medien bereits wiedergegeben wurden. Und schließlich erzielten nun auch frühere Bücher Rushdies einen größeren Absatz und selbst die Bücher seiner Frau Marianne Wiggins wurden vermehrt verkauft.

Für die Muslime bleibt nur die Erklärung, daß große Teile der als christlich bezeichneten Welt sich mit dem gotteslästernden Autoren solidarisiert hat, während die sich offen zum Atheismus bekennende, noch nicht gänzlich verwestlichte, kommunistische Welt das Buch größtenteils nicht unterstützte. Selbst sonst westlich orientierte Muslime standen vor einer für sie bitteren Erkenntnis. Aber wahrscheinlich waren auch die aufrichtigen Christen schmerzhaft betroffen von dieser Entwicklung. Eines muß noch festgehalten werden: Das Urteil Imam Khomeinis hat folgendes bewirkt: Jeder, der das Buch kauft oder verkauft, weiß, daß er in den Augen der Muslime als ein Verbrecher gegen den Islam gilt und zum Sympathisanten Rushdies wird.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de