Schuhe ausziehen

Lasst uns unsere Schuhe ausziehen - um den Hass zu überwinden

Dr. Yavuz Özoguz

 

Inhaltsverzeichnis

Weder Ismael noch Isaak

Veröffentlicht zum Opferfest der Muslime 10.1.2006.

Das große Fest, das Opferfest der Muslime erfolgt in Gedenken an das Opfer, das der große Prophet Gottes und vorbildhafter Gottesdiener bringen sollte, nämlich seinen eigenen Sohn eigenhändig zu opfern. Muslime bestehen darauf, dass jener Sohn Ismael war, Juden bestehen darauf, dass jener Sohn Isaak war, und Christen konzentrieren sich auf das Lamm, das als Ersatz geopfert wurde. Und viele vergessen heute dabei, dass die Hauptgestalt der Geschichte weder Ismael noch Isaak noch das Lamm waren, sondern Abraham, der im Heiligen Qur´an sogar zu der nächsten Nähe Gottes erhöht wird!

Abraham war ein Mensch, der in seinem tiefsten Inneren die Einheit Gottes spürte und sich des Tempels und Throns Gottes in seinem Herzen erfreute. Sein Leben und Wirken waren einzig und allein dem Einzigen, dem Allmächtigen gewidmet. Sofort hätte er sein eigenes Leben geopfert, wenn es von ihm verlangt worden wäre, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber Allah erhöht die Menschen gemäß ihrem Rang in noch höhere Gefilde des Daseins durch immer größere Prüfungen. Und so war die Aufforderung an Abraham sein Liebstes, seinen eigenen Sohn zu opfern; nicht weil Gott ein Opfer bräuchte, sondern weil die Liebe zu seinem Sohn diesem unermesslich aufrichtigen Menschen in seiner Liebe zu seinem Schöpfer beeinträchtigen könnte. Nur wer bereit ist, alles auf dem Weg der Wahrheit zu opfern, wird alles gewinnen! Wer aber unbedingt fest halten will; noch dazu gegen Gottes Willen – Gott bewahre – , der wird verlieren.

Abraham hat gewonnen! Er hat gewonnen für alle, die das Bewusstsein haben, den Thron des Allmächtigen im eigenen Herzen tragen zu dürfen! Und genau das feiern Muslime in dem Fest, das als das größere der beiden[1] muslimischen Feste gilt, während die Pilger in der Hadsch-Zeit ihre wichtigsten Riten in Erinnerung an Abraham ausüben!

Aber sind wir alle eigentlich berechtigt zu feiern? Sind heutige Juden bereit, ihren Isaak zu opfern, eine angebliche auf Blut gründende Auserwähltheit aufzugeben und alle Menschen gleichberechtigt miteinander in ihrer Heimat leben zu lassen? Sind sie bereit, die Verbrecher in den eigenen Reihen als solche zu brandmarken und die Menschheit vor ihnen zu schützen? Und sind Christen bereit, wirklich nur das Lamm zu opfern und nicht im missbrauchten Namen ihres Lammes Herrscher zu unterstützen, die das Blut unschuldiger Menschen in der Welt auf dem Gewissen haben und rauben und plündern und morden? Sind sie bereit, die Verbrecher in den eigenen Reihen als solche zu brandmarken und die Menschheit vor ihnen zu schützen? Und sind Muslime bereit, den eigenen Ismael wirklich zu opfern; Uneinigkeit gepaart mit falschen nationalen Gefühlen und unislamischen Verhaltensweisen aufzugeben? Sind sie bereit, Gottes unverfälschtem Befehl zu gehorchen und nicht dem Befehl von irgendwelchen Königen, die es im Islam gar nicht geben könnte oder Möchtegernanführern! Sind sie bereit, am richtigen Tag in Arafat zu stehen und nicht einen Tag zu früh, selbst wenn es Opferbereitschaft benötigt?[2] Sind sie bereit, dem besten der Umma[3] zu folgen und nicht dem “Landsmann“? Sind sie bereit, die Verbrecher in den eigenen Reihen als solche zu brandmarken und die Menschheit vor ihnen zu schützen?

So lange wir alle, Juden, Christen und Muslime bei obigen Fragen erst einmal lange nachdenken müssen und nicht zu einer klaren Befürwortung kommen, so lange haben wir Abraham noch nicht verstanden. Von Abraham wurde verlangt, sein Liebstes zu opfern. Von uns wird nur verlangt unsere hässlichsten Seiten aufzugeben, und nicht einmal dazu können viele unter uns sich durchringen!

Haben wir es dann verdient, so befreit zu werden wie Abraham? Und können wir dann verstehen, welchen Ismael unser Prophet Muhammad[4] opfern sollte? Können wir verstehen worin die wahre Befreiung liegt?

Nein, ganz sicher haben die meisten von uns Älteren es nicht verdient zu feiern!. Aber die jungen Unschuldigen unter uns dürfen nicht die Last der Älteren tragen. Sie sollen feiern, sie sollen sich erfreuen über das Zeugnis Abrahams für die Freiheit, und daher feiern wir mit ihnen.

Möge Gott der Barmherzige uns bald den Erlöser senden, der uns von den Gefängnissen, in die wir uns selbst begeben haben, befreit.

Der Friede Gottes sei mit allen Propheten, die hier erwähnt wurden!

„Abraham war weder Jude noch Christ! Er war vielmehr ein Gott ergebener Hanif[5] und gehörte keineswegs zu denen, die Gott andere Gottheiten beigesellen.“ (Heiliger Qur´an 3:67)

[1] Das andere große Fest aller Muslime ist das Fest zum Ende des Monats Ramadan

[2] Das saudische Königshaus pervertiert den Mondkalender, nach dem sich die muslimischen Feiertage richten, jedes Jahr, was zu Verwirrung unter Muslimen führt.

[3] Bezeichnung der islamischen Weltgemeinschaft

[4] Anspielung auf eine Nacht, in der Prophet Muhammad nach einer Offenbarung Gottes seinen Liebsten, seinen Neffen Ali in sein Bett an seine Stelle legen musste im Wissen, dass ein Mordanschlag auf ihn verübt und somit Ali ermordet werden könnte.

[5] Vorislamische Monotheisten in Arabien

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