Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Hafis

Ghasele - Buchstabe Te 74.

Schaffe Wein herbei, o Schenke! denn der Fastenmond entwich;
Gieb das Glas mir, denn die Jahrszeit für den guten Ruf verstrich.

Eine teure Zeit enteilte: Komm, ersetzen wir die Qual
Eines Lebens, das entschwunden ohne Flasche und Pokal.

Kann man denn, wie Aloë, immer brennen in der Reue Brand?
Bringe Wein! da mir das Leben nur in roher Lust entschwand.

Mach so sinnlos mich und trunken, daß ich nimmer schaue klar,
Wer das Bilderfeld betreten, wer daraus geschieden war.

Daß die Hefe deines Glases mich beglücke, hoffe ich:
Deshalb bet' ich früh und abends auf der Schenkenbank für dich.

Des erstorbnen Herzens Seele lebte auf, jedoch erst dann,
Als ihr deines Hauches Düfte drangen ins Geruchsorgan.

Voll von Hochmut war der Frömmler, unheilvoll war seine Bahn:
Doch der Zecher kam in Demut in dem Haus des Heiles an.

Alles bare Geld des Herzens gab ich hin und kaufte Wein:
Unecht war's; aus diesem Grunde schlug's verbotene Wege ein.

Gieb Hafisen keine Lehre; fand doch nie den wahren Pfad
Ein Verirrter, dessen Gaumen süßen Wein verkostet hat.

Rosenzweig.

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