Divan der persischen Poesie
Hafis
Ghasele - Buchstabe Te 15.
Ros' am Herzen, Wein zu Händen, Liebchen lustbereit ist!
Sklav' und Sultan gleich geachtet mir in solcher Zeit ist.
Sprich: wir brauchen keine Leuchte, denn in unserm Bunde
Liebchens Wangenmond, der volle, unsre Leuchte heut ist.
Wein erlaubt uns unsre Regel, der nur, wenn dein Antlitz,
Huldgestalt mir fehlt, mit dem Gesetz im Widerstreit ist.
Räucherwerk in unsrem Kreise braucht's nicht, denn vom
Dufte
Jedes deiner Lockenhaare meine Seel' erfreut ist.
Immer horcht mein Ohr auf Zitherton und Flötenklänge,
Auge ganz dem Mundrubin und Bechers Rand geweiht ist.
Sprich mir nicht von Zuckers Reiz und andern Süßigkeiten,
Da mir Sehnsucht nur nach deiner Lippe Süßigkeit ist.
Ach, so lang' um dich der Gram ist meines Herzens Schatz,
Angemessen nur der Schenke Winkel meinem Leid ist.
Was willst reden du von Schimpf? Mein Ruhm ist
schimpfgeboren;
Und was fragst nach Ruhm du? Schimpf mir von dem Ruhm nicht
weit ist.
Trunken, schwankend bin ich und berauscht von Wein und
Liebe;
Wer ist in der Stadt, der nicht wie ich voll Sündigkeit ist?
Bei dem Muhtesib dürft ihr mich nicht verklagen: er auch,
Giebt es guten Wein zu suchen, emsig jederzeit ist.
Ohne Wein und Liebchen, Hafis, soll dir kein Moment sein,
Denn Jasmin und Rose kam und Fest der Fasten heut ist.
Nesselmann.