Sechsundzwanzigstes Capitel - Sendungen an verschiedene
Fürsten, nämlich an Heraklius, an Khosru II., an den
Statthalter von Aegypten – Ihre Resultate
Während des übrigen Theiles vom Jahre blieb Mohammed in
Medina, indem er seine zuverlässigsten Jünger, jetzt schon
erfahrene Feldherrn, zu verschiedenen Unternehmungen
absendete, durch welche widerspenstige Stämme zur Unterwerfung
gebracht wurden. Seine staatsmännischen Ansichten erweiterten
sich mit der Vermehrung seiner Gebiete. Obgleich er öffentlich
erklärte, daß er in Fällen der Nothwendigkeit seine Religion
mit dem Schwerte ausbreite: so vernachlässigte er doch nicht
die friedlichen Mittel der Verhandlung, und schickte an
verschiedene Fürsten und Potentaten, deren Reiche an seinen
politischen Gesichtskreis gränzten, Gesandte ab, welche
dieselben zur Annahme des Islams drängen sollten, was in der
That nichts Anderes hieß, als daß sie ihn, infolge seines
apostolischen Amtes, als Oberherrn anerkennen möchten. Die
zwei berühmtesten unter diesen Gesandtschaften waren die an
Khosru II., König von Persien, und an Heraklius, den römischen
Kaiser in Constantinopel, gerichteten. Die Kriege zwischen den
Römern und Persern wegen der Oberherrschaft im Osten, welche
mehrere Jahrhunderte hindurch von Zeit zu Zeit getobt hatten,
waren von diesen zwei Potentaten mit wechselndem Glücke
erneuert worden und hatten einige Jahre vorher die östliche
Welt zerrüttet. Länder waren von jeder Macht erobert worden;
Staaten und Königreiche hatten unter den gegenseitigen
Angriffen und infolge der Eroberungen und Niederlagen der
kriegenden Parteien die Regierung gewechselt. Zu einer Zeit
hatte Khosru mit drei Armeen, von denen eine »die Fünfzig
Tausend Goldnen Speere« prahlerisch genannt wurde, dem
römischen Kaiser Palästina, Cappadocien, Armenien und mehrere
andere große und reiche Provinzen entrissen, hatte sich zum
Herrn von Jerusalem gemacht und das »Heilige Kreuz« nach
Persien schaffen lassen, war in Afrika eingefallen, hatte
Libyen und Aegypten erobert und seine Siege sogar bis nach
Carthago ausgedehnt.
Mitten auf dieser triumphirenden Laufbahn kam ein
moslemischer Gesandte an, welcher ihm einen Brief von Mohammed
brachte. Khosru schickte nach seinem Secretaire oder
Dolmetscher und befahl ihm, denselben zu lesen. Der Brief
begann wie folgt: »Im Namen des allbarmherzigen Gottes!
Mohammed, der Sohn Abdollahs und Apostel Gottes, an Khosru,
den König von Persien.« »Wie!« rief Khosru mit stolzem Zorne
auffahrend, »wagt derjenige, welcher mein Sclave ist, in einem
Schreiben an mich seinen Namen zuerst zu setzen?« Hierauf
schrieb er an seinen Vicekönig in Yemen folgendermaßen: »Mir
wird berichtet, daß es in Medina einen Wahnwitzigen aus dem
Stamme Koreisch giebt, welcher ein Prophet zu sein behauptet.
Bringe ihn wieder zu Verstande, oder schicke mir seinen Kopf,
wenn du jenes nicht vermagst.« Als Mohammed erfuhr, daß Khosru
seinen Brief zerrissen hätte, so sagte er: »Gerade so wird
Allah das Reich desselben in Stücke zerreißen.«
Der Brief des Propheten an Heraklius wurde gnädiger
aufgenommen, da er an denselben wahrscheinlich während der
Unglücksfälle gelangte. Er war mit silbernen Buchstaben,
»Mohammed Azzarael«, Mohammed der Gesandte Gottes,
unterschrieben und forderte den Kaiser auf, dem Christenthume
zu entsagen und den Islam anzunehmen. Heraklius legte, wie uns
erzählt wird, das Schreiben hochachtungsvoll auf sein Kissen,
behandelte den Gesandten mit Auszeichnung und entließ ihn mit
prächtigen Geschenken. Mit den persischen Kriegen beschäftigt,
widmete er dieser Gesandtschaft von einem Manne, welchen er
jedenfalls als einen bloßen arabischen Fanatiker betrachtete,
keine weitere Aufmerksamkeit; auch legte er nicht ausreichende
Wichtigkeit den militärischen Operationen desselben bei, da er
sie für bloße Raubzüge der wilden Stämme der Wüste halten
mochte.
Eine andere Gesandtschaft Mohammeds ging an den Mukowkis,
d. i. an den Gouverneur von Aegypten ab. Dieser war
ursprünglich von Heraklius dorthin geschickt worden, um den
Tribut einzuziehen, hatte sich aber, die durch die Kriege
zwischen Römern und Persern entstandene Verwirrung benutzend,
der Alleinherrschaft bemächtigt und beinahe jegliche
Lehnsverbindlichkeit gegen den Kaiser beseitigt. Er empfing
den Botschafter mit vorzüglicher Ehrenerweisung, vermied aber
eine unumwundene Entgegnung auf die Aufforderung, den Islam
anzunehmen, indem er bemerkte, daß dies ein ernster Gegenstand
wäre, welcher viel Ueberlegung erfordere. Indessen schickte er
Mohammed zu Geschenken kostbare Juwelen, Gewänder von
ägyptischer Leinwand, ausgezeichneten Honig und Butter, eine
weiße Eselin, Yafur genannt, ein weißes Maulthier, Daldal
geheißen, und ein flinkes Pferd, Lazlos mit Namen, d. i. das
Prunkroß. Das willkommenste unter seinen Geschenken waren
jedoch zwei koptische Landmädchen, zwei Schwestern, Namens
Mariyah (oder Marie) und Shiren.
Mariyahs Schönheit erregte in dem Gemüthe des Propheten
große Unruhe. Er hätte sie gern zu seiner Beischläferin
gemacht, wurde aber durch sein eigenes Gesetz in der
siebenzehnten Sure des Korans daran verhindert; denn dieses
befiehlt, daß Hurerei mit Peitschenhieben bestraft werden
soll. Aus dieser Verlegenheit wurde er durch eine andere
Offenbarung befreit, welche das Gesetz nur in Rücksicht auf
ihn widerrief und ihm den Verkehr mit seinem Hausmädchen
erlaubte; für alle andern Moslemen blieb es jedoch in voller
Kraft. Um Aergerniß zu vermeiden, und vor allen Dingen, um die
Eifersucht seiner Frauen nicht zu reizen, setzte er den Umgang
mit der schönen Mariyah im Geheimen fort, und das mag auch ein
Grund sein, warum sie lange vor den andern Frauen bevorzugt
wurde.