Vorwort
Friedrich der Große ist der Begründer einer preußischen Orientpolitik. Schon in den entscheidungsvollen Tagen des österreichischen Erbfolgekrieges beschäftigte ihn der Gedanke, sich der militärischen Hilfe der Türkei gegen Österreich und
Russland zu bedienen.
Zwar war Friedrich anfangs nicht geneigt, eine engere Verbindung mit der Türkei anzuknüpfen. Da schienen aber im Jahre 1749 wieder alle Hoffnungen auf Erhaltung des Friedens zu schwinden ; denn durch die drohende Haltung
Russlands gegen das Preußen verbündete Schweden sah auch Friedrich sich von
Russland bedroht und musste befürchten, dass Österreich gemäß dem Vertrage der beiden Kaiserhöfe, von 1746
Anlass erhielt, zum Schutze Russlands die FeindsSeligkeiten
gegen Preußen zu eröffnen,
Friedrich fasste darum den Entschluss, der ihm feindlichen
Verseinigung Österreich Russland—England ein starkes Bündnis
gegenüber zu stellen, wozu er neben Frankreich und Schweden auch die Türkei zu gewinnen suchte.
Zunächst wollte ihm dies jedoch mit Hilfe des französischen Gesandten in Konstantinopel nicht gelingen. Deshalb
entschloss er sich Anfang 1755, heimlich seinen Flügeladjutanten Gottfried Fabian Haude als eigenen Geschäftsträger unter dem Namen von Rexin mit angeblich rein kommerziellen Zwecken dorthin zu entsenden, damit durch ihn außer einem Handelsvertrag auch ein Freundschafts- oder Defensivvertrag mit der Pforte zustande
käme. Allerdings musste Rexin infolge der Machenschaften der feindlichen Diplomaten sowie der Zurückhaltung Schwedens noch
in demselben Jahre unverrichteter Sache wieder heimkehren.
Aber als zu Beginn des nächsten Jahres der preußisch-englische Vertrag von Westminster ein Bündnis zwischen Österreich und Frankreich nach sich zog und dazu
Russland im Begriffe stand, sich von seinem Bündnis mit England loszusagen, da erkannte Friedrich,
dass er jetzt mit allen Mitteln ein Bündnis mit der Türkei
anstreben müsse.
Während des ganzen siebenjährigen Krieges hat er nach dieser Hilfe von Osten ausgespäht. Ja in schweren Tagen schien sie ihm die einzig mögliche Rettung zu sein. So schrieb er im Dezember 1758 an Rexin,
den er kurz vor seinem Einmarsch in Sachsen wieder nach Konstantinopel beauftragt hatte: „Ich
muss Euch also im Vertrauen, jedoch auch zugleich ganz natürlich sagen,
dass, wenn es nicht geschieht, dass die Pforte im kommenden Jahre entweder mit denen Russen oder mit denen Österreichern bricht, als welches Mir einerlei ist, Ich endlich succombiren und über den Haufen gehen
muss .... Denn Ich Euch noch einmal sage, dass, wenn die Türken still sitzen und in kommendem Jahre nicht agieren, so ist alles vergebens und aus mit uns. Ich rekommandire Euch also, nicht Fleiß, noch Mühe und Adresse und nichts zu sparen und es zu Meinem Zweck zu
bringen."
Rexin war dieses Mal mit größeren Vollmachten und reicheren Mitteln versehen. Doch scheiterten die langjährigen, zähen Bemühungen dieses seiner hohen
Aufgabe nicht genügend gewachsenen, diplomatisch ungeschulten Unterhändlers schließlich immer wieder teils durch das Schwanken und Hinzögern der Pforte, teils durch die ablehnende Haltung Englands, von dessen Beitritt zu dem Bündnis die Pforte ihre
Entscheidung abhängig machte. Wohl waren die Verhandlungen manchmal dem erwünschten
Abschluss nahe, und es scheint, wie wenn allein dadurch dem König in den verzweiflungsvollsten Lagen noch die Hoffnung erhalten bleiben sollte,
dass „das Geschick sein Verderben noch nicht beschlossen habe."
Das einzige Ergebnis von Rexins diplomatischer Tätigkeit in Konstantinopel war im Jahre 1761 ein
Freundschafts- und Handelsvertrag, welcher allerdings Friedrich in seiner bedrängten Lage kaum etwas bot, der aber doch der Beginn eines diplomatischen Verkehrs zwischen Preußen und der Türkei bedeutete
und „der erste Schritt zu einem mehreren und reelleren" werden konnte, wie Friedrich erhoffte. Jetzt wurde Rexin
von der Pforte als erster bevollmächtigter Minister Preußens
offen und förmlich anerkannt.
Dazu kam am Ende des siebenjährigen Krieges ein weiterer Annäherungsversuch der Pforte. Im Januar 1763 überraschte Rexin den König durch die Mitteilung,
dass die Pforte „eine extraordinäre Ambassade mit reichen Präsenten" nach Berlin zu senden beabsichtige. Allerdings war selbst Rexin sich nicht
ganz klar über den Zweck dieser türkischen Gesandtschaft. Doch traf seine Annahme wohl zu,
dass sie den Anschein einer preußische türkischen Intimität
hervorrufen und so einen Druck auf Osterreich ausüben sollte. Hierdurch wurde zunächst die Hoffnung Friedrichs auf ein Defensivbündnis mit der Pforte
geweckt. Da indessen der Diwan seinem Gesandten die von Friedrich erwünschten Vollmachten zum
Abschluss eines Defensivbündnisses nicht erteilen wollte, so sah der König in dem Unternehmen nur
„ein zweckloses
und kostspieliges Zeremoniell." Doch es kam zur Ausführung.