An Bord des »Vaudreuil«
Kap Horn, Oktober 1871.
Ein junger Seehund tummelte sich fröhlich längs des
Schiffes, ohne daß ein besonderer Grund für solche
Fröhlichkeit vorhanden gewesen wäre. Wir lagen zwischen hohen,
nackten grauen Steilküsten verankert; auf unsere Häupter pfiff
vom Kap Horn her ein furchtbarer Sturm hernieder, der oben
große schwarze Wolken aus dem schon verfinsterten Himmel
jagte. Hinter den kahlen Felsen, die uns Schutz boten, hörten
wir das Getöse der Wogen, das schlecht Wetter ankündigt. Die
See wühlte auch diese trübselige Bucht auf, in welcher das
kalte dunkle Grün des Meeres von Streifen weißlichen Schaumes
durchzogen war.
Alles rund um uns sah gespenstisch aus und machte den
Eindruck des Verbanntseins, selbst die Pinguinfamilien, die
weißbäuchig in schnurgeraden Reihen alle nahen Inselchen
besetzt hielten.
Aber der junge Seehund machte tolle Sprünge im eisigen
Wasser und seine Heiterkeit hatte etwas Rührendes inmitten von
solcher Umgebung.
Sein Leib war feist gerundet und glänzte wie geschliffener
Achat. Vor jedem neuen Untertauchen ragte sein pfiffiges
Köpfchen aus dem Wasser, das ein schöner Schnurrbart
schmückte, wie große Katzen ihn haben. Er prustete dann und
schüttelte sich, wie es Kinder beim Baden tun, um
Wassertropfen von ihrer Nase zu beuteln.
Die Matrosen warfen ihm Fischreste zu, und er erhaschte sie
im Fluge, mit der Geschicklichkeit eines jungen Clowns. Dann
aber, gleichsam zum Danke, gab er eine Vorstellung, indem er
auf den Wellen artige Sprünge und Kunststücke vollführte. Es
sah wirklich aus, als mime er für ein Auditorium, als wolle er
seine Wohltäter belustigen.
Er hatte sicher niemals ein Schiff gesehen, der arme kleine
Kerl: immer näher kam er heran, des Vertrauens voll, und die
Mannschaft schmiedete bereits Pläne, ihn zu zähmen, was
sicherlich nicht schwer gewesen wäre. Doch da krachte ein
Schuß, der junge Seehund sah verwundert auf, und schlug dann
seinen letzten Purzelbaum ... Dann sahen wir einige Sekunden
lang, wie seine kleinen Flossen das Wasser schlugen, das
schnell rot ward von seinem strömenden Blut; und dann war er
nur mehr ein armes lebloses Ding, das die See hin und her
wiegte.
Unter der Schiffsmannschaft erhob sich zorniges Murmeln,
das schnell unterdrückt wurde, denn der glückliche Schütze,
der eben ein so prächtiges Stück erlegt hatte, war ein
Aspirant.
Ich wollte jedes Aufsehen vermeiden, und so wartete ich,
bis ich mit meinem Kameraden allein war, um ihm zu sagen, wie
ich über ihn dachte. Dann hatten wir allerdings eine
Auseinandersetzung, die fast mit Faustschlägen geendet hätte.