40 Hadith
Über Ghiybah - Üble Nachrede
übersetzt von Ammar Rahimi
Mit einer Überliefererkette, die zurückgeht auf Tiqat al-Islam
wal-Muslimin Muhammad ibn Ya'qub al-Kulayni – möge Gott, der
Erhabene, mit ihm, zufrieden sein – von Ali ibn Ibrahim, von
seinem Vater, von al-Nawfali, von al-Sakkuni, von Abu Abdillah
– Friede sei mit ihm – der sagte: „Der Gesandte Allahs –
Gottes Segnungen seien mit ihm und seinen Nachkommen – sprach:
„Gheebah wirkt schneller auf den Glauben des Gläubigen als
(die Krankheit) aklah auf den Körper."
Er (ع)
sagte: „Der Gesandte Allahs – Gottes Segnungen seien
mit ihm und seinen Nachkommen – sagte: „In einer Moschee zu
sitzen und auf die Zeit des Gebetes zu warten, ist
Gottesdienst, solange man keine Missetat begeht." Er wurde
gefragt: „Oh Gesandter Allahs, welche Missetat?" Er
antwortete: „Üble Nachrede" [1]
Erklärung des Begriffs
Gheebah ist das Nomen verbi von Ghaba und auch von Ightiyab,
wie die Wörterbücher deutlich machen. Al-Jawhari sagt: „Man
sagt „ightabahu ightiyaban" wenn jemand in üble Nachrede
verfällt. Das Nomen ist al-Gheebah, und es bedeutet, dass man
in Abwesenheit einer Person Dinge sagt und sie das bekümmert,
wenn sie es erfährt. Wenn es wahr ist, wird es Gheebah genannt
und wenn es falsch ist, buhtan (Verleumdung)."
Der Forscher und Hadithwissentschaftler al-Majlisi – möge
Gottes Gnade mit ihm sein – stellt fest, dass es sich dabei um
die wörtliche Bedeutung handelt. Doch offensichtlich hat der
Verfasser von al-Sihah die fachwörtliche (istilahi) Bedeutung
gegeben, nicht die wörtliche, denn dies ist nicht wörtliche
Bedeutung von ghaba, ightaba und anderen verbundenen
Ableitungen. Sie haben vielmehr eine allgemeinere Bedeutung.
Die Lexikographen geben gelegentlich die fachwörtliche oder
rechtswissentschaftlichen Bedeutungen in ihren Werken an. Nach
dem Verfasser von al-Qamus bedeutet ghaba 'aba. Nach
al-Misbah al-Munir bedeutet „Ightabahu", „dass man die
tatsächlichen Fehler eines Menschen erwähnt, was dieser
verabscheuungswürdig findet."
Aus meiner Sicht gibt keine der zuvor genannten Zitate die
wörtliche Bedeutung wieder. Vielmehr haben bestimmte
Bedingungen, die in jeder von ihnen enthalten sind, zu einer
Vermischung mit der fachlichen Bedeutung geführt. Auf jeden
Fall liegt kein großer Nutzen in der Diskussion der wörtlichen
Bedeutung, denn das Hauptanliegen ist hier die Bedeutung
dieses Begriffes im Hinblick auf die Shari'a und die religiöse
Pflicht, und anscheinend sind einige Bedingungen in der
besonderen Bedeutung mit enthalten, die über die buchstäbliche
Bedeutung des Begriffes (Gheebah oder ightiyab) hinausgehen.
Im weiteren Verlauf wird diese besondere Bedeutung diskutiert
werden.
Al-Majlisi sagt: „Aklah ist in der Vokalisierung mit farhah
vergleichbar: Es bezeichnet ein Leiden eines Körperteils, das
es (diesen Körperteil) verzehrt, wie in al-Qamus und anderen
Wörterbüchern erwähnt wird. Es wurde auch mit einem madd auf
dem hamza gelesen, was in der Vokalisierung fa'ila entspricht,
was eine Krankheit bezeichnet, die das Fleisch verzehrt; die
erste Form stimmt mit dem klassischen Gebrauch mehr überein."
Auf jeden Fall ist hier gemeint, dass auf die gleiche Weise
wie diese Krankheit ein Körperorgan befallen und dieser rapide
verzehrt und zerstört wird, auch Gheebah den Glauben des
Menschen befällt und ihn zerstört, aber viel schneller. In dem
Ausdruck ma'lam yuhdit gehört yuhdit zu der Verbform if'al und
sein Personalpronomen bezieht sich auf den Jalis (d.h. den
Sitzenden), der in Julus (Sitzen), das in der Überlieferung
erwähnt wird, enthalten ist. Ightiyab ist hier die
Akkusativform (mansub) und das Objekt des Verbs, das in den
Worten des Fragenden mitenthalten ist.
Einfachere Erklärung des Charakters von Einflüsterung
Die fuqaha' (Rechtsgelehrten) – möge Gott mit ihnen allen
zufrieden sein – haben viele Definitionen von Gheeba gegeben,
deren Diskussion und genaue Prüfung hier nur aller Kürze
möglich ist.
Der gesegnete Märtyrer und Forscher, der Shayh (Zayn al-Din
Ali, bekannt als al-Shahid al-Tani) sagt in seinem Kashf
al-ribah 'an Ahkam al-Gheebah: „Es gibt zwei Definitionen
dafür. Die erste, die unter den fuqaha' sehr bekannt ist
lautet:
"Es ist die Erwähnung einer abwesenden Person, der etwas
zugeschrieben wird, dessen Zuschreibung sie
verabscheuungswürdig findet und die allgemein als schädlich
angesehen wird, mit der Absicht, (ihren Ruf) zu
beeinträchtigen und sie zu verunglimpfen."
Die zweite lautet:
"Jemanden etwas mitteilen, dessen Zuschreibung von ihm als
verabscheuungswürdig angesehen wird."
Die zweite Definition ist allgemeiner als die erste, wenn
Dhikr (in der ersten Definition) als mündliche Äußerung
verstanden wird, wie die üblicherweise der Fall ist, denn
Tanbih hat eine weiter gefasste Bedeutung und beinhaltet
Sprechen, Schreiben, Erzählen und andere Formen der
Kommunikation. Doch wenn Dhikr so verstanden wird, dass es
über die mündliche Äußerung hinausgeht, wie es wortwörtlich
bedeutet, dann werden die beiden Definitionen ähnlich. Die
Überlieferungen lassen auch auf diese beiden Definitionen
schließen wie diese in al-Shayh at-Tusis Amali (Majalis)
aufgezeichnete verdeutlicht:
"…In dem Rat, den der Gesandte Allahs (Gottes Segen und Friede
sei mit ihm und seinen Nachkommmen) Abu Dharr (möge Gott mit
ihm zufrieden sein) gab, wird erzählt, dass Abu Dharr sagte:
„Ich sagte: Oh Gesandter Allahs, was ist Gheebah?
Er antwortete: Es bedeutet, von Deinem Bruder das zu
erwähnen, was er verabscheut.
Ich sagte: Oh Gesandter Allahs, was, wenn das, was von ihm
gesagt wird, tatsächlich in ihm vorhanden sein sollte?
Er antwortete: Wisse, wenn Du das, was in ihm ist,
erwähnst, dann hast Du Gheebah gegen ihn begangen, und wenn du
das erwähnst, was nicht in ihm ist, dann hast du ihn
verleumdet." [2]
In einer berühmten Überlieferung des Propheten (ص)
wird berichtet: „Der Prophet (s.a.s) fragte seine Gefährten:
"Wißt ihr, was Gheebah ist?"
Sie sagten: "Gott und sein Gesandter wissen es am besten."
Er (ص)
sagte:
"Es bedeutet, über seinen Bruder das zu erwähnen, was er
verabscheut."
[3]
Diese Überlieferungen stimmen mit der ersten Definition
überein, wenn wir die allgemein verstandene Bedeutung von
Dhikr in Betracht ziehen und mit der zweiten, wenn eine über
die verbale Äußerung hinausgehende Bedeutung in Betracht
gezogen wird. Es ist offensichtlich, dass hier mit „Bruder"
ein Bruder im Glauben und kein leiblicher Bruder gemeint ist.
„Ma yakrahu" deutet auf die Erwähnung von Dingen hin, die
gewöhnlich als herabsetzend angesehen werden. Was die Absicht
zu verletzten und herabzusetzen anbelangt, so kann sie aus dem
Zusammenhang heraus verstanden werden, auch wenn sie weder aus
der von Abu Darr erzählten Überlieferung noch aus der
berühmten prophetischen Überlieferung hervorgeht. Vielmehr
zeigt der Beginn von Abu Darrs nachfolgender Erzählung es an,
und es gab keine Notwendigkeit für eine explizite Erwähnung:
„Der Prophet (ص)
sagte:
"Gheebah ist eine größere Sünde als Ehebruch."
Ich sagte: "Wie das, o Gesandter Allahs?" "Der Grund
hierfür ist, dass ein Mensch Ehebruch begehen und diesen dann
bei Gott bereuen kann, und Gott akzeptiert seine Reue. Doch
Gheebah wird von Gott nicht vergeben bis es nicht von seinem
Opfer vergeben wird." Dann fuhr er (s.a.s) fort: "Das
Essen seines Fleisches ist eine Sünde vor Gott." [4]
Diese beiden Sätze offenbaren, dass die Absicht zu verletzen,
enthalten ist, denn wenn jemand auf freundliche und
mitfühlende Weise erwähnt wird, ist das kein Vergehen gegen
ihn, die seine Vergebung erforderlich machen würde, noch geht
es auf den Verzehr seines Fleisches hinaus. Der allgemeine
Charakter von Gheebah wird auch aus der folgenden Erzählung
Aischas verständlich: Sie sagt: „Eine Frau kam uns
besuchen, und als sie wieder gehen wollte, machte ich mit
meinen Händen eine Geste, um deutlich zu machen, dass sie
klein war. Daraufhin sagte er – möge Gottes Frieden und
Segnungen auf ihn und seine Nachkommen sein: Du hast ihr
gegenüber Gheebah begangen." [5]
Es kann gesagt werden, dass die Bedeutung der Überlieferung
bezüglich Gheebah in Übereinstimmung mit dem gebräuchlichen
Verständnis, nicht auf den sprachlichen Ausdruck beschränkt
ist. Vielmehr wird das Verbot hier ausgeweitet auf eine Art
der nonverbalen Kommunikation.
Das heißt, die besondere Erwähnung des sprachlichen Ausdrucks
beruht auf der Tatsache, dass es die allgemeinere Form ist, in
der Gheebah begangen wird und nicht weil es darauf beschränkt
ist. Hinzu kommt, dass viele Überlieferungen allgemein
andeuten, dass die Aufdeckung von Geheimnissen der Gläubigen
Haram ist. Das heißt, es ist verboten, ihre verborgenen Mängel
preiszugeben und aufzudecken, gleich ob sie Körper, Moral oder
Verhalten betreffen. Ungeachtet dessen, ob die Person, auf die
sie sich beziehen, dazu bereit ist oder nicht und ungeachtet
dessen, ob eine bösartige Absicht damit verbunden ist oder
nicht. Eine umfassende Untersuchung der Überlieferungen zeigt,
dass dem Verbot eine bösartige Absicht zugrunde liegt,
ausgenommen wenn die Tat per se derart sein sollte, dass ihre
Erwähnung und ihre Bekanntheit von der Shari'a vorgeschrieben
werden; dies bezieht sich nicht auf das Verbot (hurmah) von
Gheebah. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Offenlegen
der Geheimnisse der Gläubigen, selbst wenn sie damit
einverstanden sind, haram ist, selbst wenn keine bösartige
Absicht damit verbunden sein sollte. Auf jeden Fall geht eine
weitere Ausführung dieses Aspektes über den Rahmen unserer
Diskussion hinaus.
Es gibt einen Konsens bezüglich des Verbots von Gheebah; es
ist ein wesentlicher Punkt in der Rechtswissenschaft, dass es
eine große Sünde und Todsünde ist. Die Diskussion der
rechtswissentlichen Aspekte und die Ausnahmen, die sich darauf
beziehen, würden weit über den Rahmen dieser Erläuterung
hinausgehen. Was hier notwendig ist, ist die Information über
die Sündhaftigkeit dieser Todsünde und ihre Konsequenzen
sodass, so Gott will, wir darüber nachdenken und uns dieser
enthalten und dass wir, wenn wir sie begehen, was Gott
verhüte, unverzüglich davon ablassen und bereuen, uns selbst
von ihrer Abscheu reinigen und uns nicht gestatten, in diesem
Schmutz und der Heimsuchung dieser Glaubens verzehrenden
tödlichen Sünde zu bleiben, wenn wir diese Welt verlassen.
Diese tödliche Sünde hat eine hässliche, entartete Form in der
spirituellen Welt, die hinter den Schleiern dieser materiellen
Welt verborgen ist. Über das Schlechte hinaus, ist es eine
Schande angesichts der erhabenen Gesellschaft und in
Anwesenheit der Gesandten, Propheten und Erzengel.
Ihre spirituelle Form entspricht dem, was Gott, der Gesegnete
und der Erhabene, in Seinem edlen Buch verdeutlicht hat und
implizit und explizit in den edlen Überlieferungen betont
wurde. Allah, der Glorreiche und Erhabene, sagt:
„…Und belauert nicht und führt
nicht üble Nachrede übereinander. Würde wohl einer von euch
gerne das Fleisch seines toten Bruders essen? Sicherlich
würdet ihr es verabscheuen…" (Sure 49, Vers 12)
Wir vernachlässigen die Tatsache, dass unsere Taten in der
anderen Welt zu uns als Dinge mit ihrem Charakter
entsprechenden Formen zurückkehren. Wir wissen nicht, dass
diese Tat (d.h.) Gheebah die Form von Aas essen hat. Sie wird
in der Hölle in dieser andersweltlichen Form (malakuti) zu
ihrem Täter zurückkehren, denn er hat wie ein wilder Hund die
Ehre anderer Menschen in Fetzen gerissen und ihr Fleisch
verschlungen.
In einer Überlieferung wird berichtet, dass der Gesandte
Allahs, mögen Gottes Friede und Segnungen mit ihm und seinen
Nachkommen sein – einmal einen Mann wegen Ehebruch steinigen
ließ. Eine der anwesenden Personen bemerkte gegenüber seinen
Gefährten:
„Diesem wurde ein Ende bereitet, wo er stand wie ein Hund."
Danach kam der Prophet (ص)
in Begleitung der beiden Männer an einem Kadaver vorbei, und
der Prophet (ص)
sagte zu ihnen:
„Nun nehmt einen Bissen davon, ihr zwei."
Sie sagten: „Oh Gesandter Allahs, sollen wir einen Bissen
von einem Kadaver nehmen?!"
Der Prophet (ص)
antwortete:
„Den, den ihr von eurem Bruder genommen habt, war verfaulter
als dieses hier."
[6]
Ja, der edle Prophet (ص)
erkannte mit
dem Licht seiner mächtigen Einsicht die größere Fäule ihrer
Tat, die größer war als die eines verwesten Kadavers, und ihre
abscheulichere und abstoßendere Form. Es wird in einer anderen
Überlieferung erwähnt, dass derjenige, der Gheebah macht, am
Tag der Auferstehung sein eigenes Fleisch verschlingen wird.
In einer Überlieferung aus al-Wasa'il, zitiert aus den Majalis
von al-Saduq, Gott sei mit ihm zufrieden, wird von Amir
al-Mu'minin (ع)
berichtet, dass er in seinem Rat an Nawf al-Bakali folgendes
sagte:
„Enthalte dich von Gheebah, denn es ist die Nahrung der
Hunde des Höllenfeuers." Dann fügte er hinzu: „Oh Nawf,
Unrecht hat derjenige, der behauptet, von legitimer Abstammung
zu sein und der dennoch das Fleisch der Menschen durch üble
Nachrede verschlingt." [7]
Es gibt kein Widerspruch zwischen diesen edlen
Überlieferungen, und alle diese Dinge sind möglich. Es ist
möglich, dass derjenige, der üble Nachrede begeht, das Fleisch
von Kadavern oder sein eigenes Fleisch verschlingen wird, dass
er die Gestalt eines aasfressenden Hundes haben und
gleichzeitig ein Kadaver sein wird, der von den Höllenhunden
verschlungen wird. Dort sind die Formen den dort wirksamen
Dimensionen unterworfen, und ein Geschöpf kann mehrere
äußerliche Formen haben.
Al-Saduq erzählt in 'Iqab al-'A'mal mit seiner
Überliefererkette vom Gesandten Allahs (ص),
dass er in einem Ausspruch sagte:
„Jemand, der auf dem Weg von Gheebah gegenüber seinem Bruder
und der Verbreitung dessen Mängel geht, dessen erster Schritt
wird in die Hölle führen, und Gott wird alle seine Mängel vor
allen Geschöpfen preisgeben."
[8]
Derart ist der Zustand am Tag der Auferstehung und in der
Hölle, und auf diese Weise wird Gott, der Erhabene, ihn unter
den Geschöpfen und in der Anwesenheit der Bewohner der
himmlischen Reiche entehren. In al-Wasa'il wird mit einer
Überliefererkette, die bis zu al-Imam al-Sadiq (ع)
zurückgeht, berichtet, das der Prophet (ص)
sagte:
„Wer üble Nachrede gegen einen Muslim begeht, verdirbt sein
Fasten und bricht sein Wudu' und wird am Tage der Auferstehung
kommen mit einem Mund, der verfaulter stinkt als ein Kadaver,
und es wird jene, die mit ihm in dieser Situation (mawqif)
sind, verdrießen. Wenn er stirbt, bevor er bereut hat, ist
sein Tod wie der Tod desjenigen, der stirbt und die Dinge, die
Gott der Erhabene und der Glorreiche verboten hat, als erlaubt
ansieht."
[9]
Das ist sein Zustand vor seinem Eintritt in die Hölle; er ist
vor den Leuten seiner Stufe entehrt und wird zu den Kuffar
gezählt, denn der Mustahill (derjenige der das, was haram ist,
als halal ansieht) ist ein Kafir. Derjenige, der übel
nachredet (Mujtab) ist in der Tat wie er nach dieser edlen
Überlieferung.
Eine andere Überlieferung wurde vom Gesandten Allahs (ص)
hinsichtlich des Zustandes eines solchen Menschen in Barzakh
erzählt.
Anas ibn Malik sagte: „Der Gesandte Allahs (ص)
sagte: „In der Nacht meiner Himmelreise (Mi'raj) kam ich an
Leuten vorbei, die ihre Gesichter mit ihren Fingernägel
zerkratzten. Ich sagte:
„Oh Gabriel, wer sind diese Leute?" Er antwortete:
„Das sind diejenigen, die Gheebah gegenüber den Menschen getan
haben und ihren Leumund verunglimpft haben." [10]
Dies zeigt, dass derjenige, der üble Nachrede begeht, Schande
und Unehre in Barzakh erleiden und vor den Menschen auf seiner
Stufe gedemütigt wird. Er wird in Schande und Unehre in der
Hölle sein. Einige Stufen von Gheebah werden ihm auch in
dieser Welt Verruf bringen, wie in der folgenden edlen
Überlieferung von al-Kafi zum Ausdruck kommt:
Ishaq ibn Ammar berichtet aus der Quelle von al-Imam al-Sadiq
(ع),
dass der Gesandte Allahs (ص)
sagte:
„Oh ihr, die ihr den Islam mit euren Zungen angenommen habt,
doch der nicht in ihre Herzen eingedrungen ist! Verunglimpft
nicht die Muslime und seid nicht hinter ihrer Mängel her!
Wahrlich, Gott wird nach den Mängel desjenigen her sein, der
nach ihren Mängel her ist, und jemand, hinter dessen Mängel
Gott her ist, wird sogar in seinem eigenen Haus erniedrigt
werden!"
[11]
Gott, der Gesegnete und Erhabene ist Ghayur (d.h. bedacht auf
Seine Ehre) und das zur Schau stellen der Geheimnisse und
Mängel des Gläubigen ist gleichbedeutend mit einer Verletzung
seiner Ehre. Wenn ein Mensch in seiner Schamlosigkeit alle
Grenzen überschreitet und göttliche Heiligkeiten verletzt,
dann stellt Gott, der Ehrenvolle, dessen Geheimnisse, die Er
zuvor aus seiner bedeckenden Gnade heraus bedeckt hatte, zur
Schau. Ein solcher Mensch wird dann in dieser Welt vor den
Menschen und in jener Welt vor den Engeln, den Propheten und
den Awliya, Friede sei mit ihnen, entehrt. In einer edlen
Überlieferung von al-Kafi, deren Überliefererkette zurückgeht
auf al-Imam al-Baqir (ع)
ist geschrieben, dass al-Imam al-Baqir (ع)
sagte: „Während seiner himmlischen Reise sagte der Prophet (ص)
zu Gott:
„Mein Herr, was ist der Status eines Gläubigen vor dir?"
Er antwortete: „Oh Muhammad,
wer einen Freund von mir beleidigt, hat gegen mich offen Krieg
erklärt, und Ich bin der schnellste von allen beim zu Hilfe
eilen Meiner Freunde." [12]
Es gibt viele Überlieferungen in dieser Hinsicht. In einer
Überlieferung, deren Isnad zurückgeht auf al-Imam al-Sadiq (ع),
berichtet al-Shayh al-Saduq, dass der Imam gesagt hat:
„Wer Gheebah gegen eine solche Person begeht (d.h. gegen
jemanden, der seine Mängel bedeckt und sich äußerlich richtig
verhält, obwohl er in seinen eigenen Augen ein Sünder sein
sollte) wird die Wilayah von Allah, dem Erhabenen, verlassen
und die Wilayah von Satan betreten."
[13]
Es ist offensichtlich, dass jemand, der die Wilayah von Gott
verlässt, in die Wilayah Satans eintreten und nicht mit
Glauben und Rettung charakterisiert werden wird. Wie in der
Überlieferung von Ishaq ibn 'Ammar erwähnt, ist der Islam des
Verunglimpfers hauptsächlich verbaler Natur und hat nicht sein
Herz erfasst. Es ist auch offensichtlich, dass jemand, der an
Gott, den Tag des Gerichts, die Begegnung mit der Gestalt
seiner Taten und die Realität der Sünden glaubt, nicht eine
solche Todsünde begehen wird, die in den offenbaren und
verborgenen Welten Unehre bringt, im Leben dieser Welt, im
Barzakh und im Jenseits zur üblen Heimsuchung der Hölle führt
und ihn aus der Wilayah Gottes ausschließt und ihn in die
Wilayah Satans eintreten lässt. Wenn wir eine solche
Hauptsünde begehen, dann müssen wir wissen, dass sie aus einer
unreinen Quelle entsteht und dass die Realität unseres
Glaubens nichts in unsere Herzen eingegangen ist. Sollte der
Glauben in das Herz eintreten, werden die Dinge eine
Veränderung durchlaufen und ihre Wirkungen werden alle
verborgenen und manifesten, äußerlichen und innerlichen
Bereiche des Seins durchdringen.
Deshalb müssen wir die Krankheiten des Herzens und des inneren
Selbst heilen. Die Überlieferungen offenbaren, dass auf die
gleiche Weise wie die Schwäche des Glaubens und mangelnde
Aufrichtigkeit in dieser Hinsicht Sünden in der Moral und dem
Verhalten führt, diese Sünden ihrerseits zu weiterer
Verschlimmerung oder sogar zur Zerstörung des Glaubens führen.
Dies stimmt überein mit rationalen Beweisen, wie an geeigneter
Stelle gezeigt wurde.
Diese Sünde ist schwer und von größeren üblen Folgen als
andere Sünden. Es liegt daran, dass zur Verletzung des Rechtes
Gottes (haqq Allah) die Rechte der Menschen (haqq al-nas)
verletzt werden, und Gott vergibt dem Verunglimpfer nicht, bis
nicht das Opfer von ihm gut gestimmt wurde. Dieses Thema ist
erwähnt in dem edlen Hadith durch verschiedene
Überlieferketten.
Wenn, was Gott verhüte, jemand diese Welt verlässt und die
Rechte anderer in seinem Nacken hat, wird seine Aufgabe schwer
sein. Was die Rechte Gottes anbelangt, so hat man es dabei mit
dem Edelsten und Gnadenreichsten zu tun, dessen heiliges Wesen
frei ist von Hass, Feindschaft, Rachsucht und dem Drang, den
Durst nach Rache zu stillen. Doch wenn man es mit den
Geschöpfen zu tun hat, ist es sehr wohl möglich, dass man es
mit jemandem mit solchen Eigenschaften zu tun bekommt, der
nicht einfach vergibt oder überhaupt nicht versöhnt werden
wird.
Deshalb ist es nötig für den Menschen, sich selbst gegenüber
achtsam zu sein und diesen Angelegenheiten die entsprechende
Aufmerksamkeit zu schenken, denn die damit verbundene Gefahr
ist sehr groß. Die Überlieferungen bezüglich der schweren
Natur von Gheebah sind zahlreich, und wir sollen uns auf
einige von ihnen beschränken.
In einer Predigt sprach der Prophet (ص)
über
Wucher und das damit verbundene große Übel. Dann sagte er:
„…Und wahrlich, abscheulicher als Wucherei ist (das Verletzen
der) Ehre eines Muslims." [14]
Der Prophet (ص)
sagte:
„Kein Feuer vernichtet trockenes Holz schneller als Gheebah
die Tugenden eines Anbeters vernichtet."
[15]
Der Prophet (ص)
sagte: „Ein Mensch muss am Tag der Auferstehung vor dem
Glorreichen und Erhabenen Herrn stehen, und ihm wird sein Buch
gegeben werden. Wenn er seine guten Taten nicht darin sieht,
wird er sagen:
„Mein Gott, das ist nicht mein Buch, denn ich sehe nicht meine
Tugenden darin."
Ihm wird gesagt werden: „Wahrlich, weder irrt Dein Herr
noch vergisst er. Deine Taten sind nicht da, wegen deiner
üblen Nachrede gegen die Leute." Dann wird ein anderer
Mensch gebracht und ihm sein Buch gegeben werden. Er wird
darin viele Taten des Gehorsams sehen und wird sagen: „Mein
Gott, das ist nicht mein Buch, denn ich habe diese Taten des
Gehorsams nicht vollbracht." Ihm wird gesagt werden:
„Jener hat gegen dich Gheebah gemacht und so wurden seine
guten Taten dir zuerkannt." [16]
Der Prophet (ص)
sagte:
„Eine niedrige Stufe von Kufr ist es, wenn ein Mensch etwas
von seinem Glaubensbruder hört und es in seinem Gedächtnis
bewahrt mit der Absicht, ihn zu erniedrigen. Solche Menschen
sollen keinen Anteil (im Jenseits) haben."
[17]
Die hier zitierten Überlieferungen beziehen sich insbesondere
auf unser gegenwärtiges Thema. Doch im Falle, dass der
Verunglimpfer darüber hinaus auch anderer Sünden und
Missetaten schuldig ist, wie z.B. Beleidigung, Demütigung,
Verachtung und Erniedrigung eines Gläubigen, der Offenbarung
und Zählung seiner Vergehen und seiner Verleumdung, von denen
jedes einzelne ein unabhängige Ursache für die Zerstörung ist
– so sind in dieser Hinsicht die Überlieferungen, die all
dieses verurteilen, überwältigend. Wir verzichten der Kürze
willen darauf, sie zu zitieren.
_________________________________
[1] Al-Kulayni, al-Kafi, II, Kitab al-Iman wa
al-Kufr, bab al-ghayba wa al-buht, hadith Nr. 1
[2] Al-Hurr al-'Amili.
Wasa'il al-Shi'a, VIII, hadith Nr. 16312.
[3] Al-Fayd al-Kashani, al-Mahajjat al-bayda', V,
265.
[4] Wasa'il al-Shi'a, VIII, hadith Nr. 16312.
[5] Al-Naraqi, Jami' al-sa'adat, II, 294.
[6] Al-Mahajjat al-bayda', V, 253.
[7] Wasa'il al-Shi'a, VIII, hadith Nr. 16319
[8] Al-Shayh al-Saduq, 'Iqab al-'a'mal, 340.
[9] Wasa'il al-Shi'a, VIII, hadith Nr. 16316
[10] Al-Mahajjat al-bayda', V, 251.
[11] Al-Kafi, II, kitab al-iman wa al-kufr, bab man
talaba 'atarat al-mu'minin, hadith Nr. 2.
[12] Ebd., bab man ada al-Muslimin, hadith N. 8.
[13]
Al-Majlisi, Bihar al-anwar, XXV, bab al-Gheebah, hadith Nr.
12, von al-Saduq al-'Amali.
[14] Al-Mahajjat al-bayda', V, 253.
[15] Ebd., 264.
[16] Jami' al-'ahbar, 171, mit einigen
Unterschieden in der Begrifflichkeit.
[17] Eine ähnliche Überlieferung gibt es in al-Kafi,
II, kitab al-'iman wa al-kufr, bab man talaba 'atarat
al-mu'minin.