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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Die Yeziden (kurdisch Eziditi) sind eine kurdischsprachige
Volksgruppe und Anhänger einer volkseigenen Religion. Sie
zählen sich selbst zu den Kurden.
Das Yezidentum (Jesidentum,
Jesidismus) ist eine ausschließlich bei ihnen verbreitete
monotheistische Religion. Das liegt vor allem daran, dass man als Yezide nur geboren werden kann. Es besteht keine Möglichkeit,
zum Yezidentum zu konvertieren. Zudem ist auch die Heirat mit
andersgläubigen nicht zulässig.
Muttersprache der Yeziden ist das nordkurdische
Kurmandschi. Die Yeziden leben verteilt im
Irak,
Syrien,
Türkei und ein ganz kleiner Teil im
Iran.
Die Religion der Yeziden versteht sich selbst als eine monotheistische
Religion, deren Wurzeln nach eigenen Angaben weit vor dem
Christentum und Judentum liegen sollen. Yeziden geben eine
Ursprungszeit von 2000 v. Chr. in die Zeit des Mithraismus an.
Nach yezidischen Vorstellungen ist Gott allmächtig und
erschuf die Welt. Er wäre schwach, wenn er noch eine zweite
Kraft neben sich dulden würde. Folglich fehlt in der
yezidischen Theologie die Gestalt des Bösen. Gemäß Yeziden
erreicht der Menschen nach dem
Ableben nach einer Seelenwanderung einen neuen Zustand.
Der neue Zustand ist abhängig von den Taten im vorherigen
Leben. In diesem Zusammenhang spielen der „Jenseitsbruder“ (biraye
achrete) für einen Mann bzw. die „Jenseitsschwester“ (chucha
achrete) für eine Frau eine wichtige Rolle. Unter den
Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft sucht man sich zu
Lebzeiten einen Bruder bzw. eine Schwester für das Jenseits
aus. Diese Wahlgeschwister übernehmen im Jenseits gegenseitig
die moralische Mitverantwortung für ihre Taten, und in der
Totenzeremonie "begleiten" sie den Verstorbenen/die
Verstorbene auf dem Weg zur neuen Bestimmung. Nach den
yezidischen Vorstellungen bestand die Verbindung der
Jenseitsgeschwister bereits im vorherigen Leben und wird im
künftigen Leben weiter bestehen.
Das Yezidentum kennt keine verbindliche religiöse Schrift.
Die Vermittlung religiöser Traditionen und
Glaubensvorstellungen beruhte ausschließlich auf mündlicher
Überlieferung. In der Literatur über die Yeziden werden zwei
Bücher erwähnt, das "Buch der Offenbarung" (Kiteb-i Jilwe) und
die "Schwarze Schrift" (Meshef Resch). Beide gelten aber als
geheim gegenüber Nicht-Yeziden.
Im
Islam werden sie nicht als
Buchreligion anerkannt. Yeziden argumentieren dagegen,
dass sie Bücher besäßen, in denen ihre Religion verzeichnet
sei. Hingegen gilt als
Buchreligion nicht allein die Tatsache, dass man über ein
Buch verfügt, dass man auf
Gott
zurück führt, sondern jenes Buch auch als Rechtleitung für die
Menschheit dienen soll. Das ist bei Yeziden nicht gegeben, da
sie ihre Religion als stammeseigen betrachten. Und aus der
Sicht des
Islam
kann die
Wahrheit
Gottes
nicht stammesabhängig bzw. -eigen sein.
Eine zentrale Bedeutung in den yezidischen
Glaubensvorstellungen hat Taus-i Melek, der "Engel Pfau",
dessen Symbol – wie es der Name sagt – ein Pfau ist. Nach der
yezidischen Mythologie hat er in besonderer Weise der
Allmächtigkeit Gottes gehuldigt und wurde deshalb von Gott zum
Oberhaupt der sieben Engel erkoren. Er nimmt eine Art
Stellvertreterfunktion Gottes ein. Nach der
Schöpfungsgeschichte der Yeziden ist Taus-i Melek, den Gott
mit sechs weiteren Engeln aus seinem Licht schuf, an der
gesamten Schöpfung, an dem göttlichen Plan, aktiv beteiligt.
Folglich verkörpert Taus-i Melek nicht den Widerpart in einem
dualen Weltbild, sondern ist der Beweis für die
Einzigartigkeit Gottes.
Eine wichtige Person für die Yeziden ist der als Reformer
geltende Scheich Adi aus dem 11./12. Jh. n.Chr. . In
der Religionswissenschaft wird die These vertreten, er sei mit
dem sufischen Mystiker Scheich Adi Ibn-Musafir (1075-1162
n.Chr.) identisch. Scheich Adi ist für die Yeziden eine
Inkarnation des Taus-i Melek, der kam, um das Yezidentum in
einer schwierigen Zeit neu zu beleben. An seinem Grab in
Lalisch (in der Nähe von Mossul) findet jedes Jahr vom 6. bis
13. Oktober das "Fest der Versammlung" (Dschaschne Dschimaiye)
statt. In der Nähe liegt auch der Sitz des weltlichen und
geistigen Oberhauptes der Yeziden.
Das yezidische Kastensystem wurde von Scheich Adi
gegründet; zuvor soll es kein Kastensystem gegeben haben. Wie
bei anderen Kastensystemen gibt es die Geburt in eine Kaste
und das Heiratsverbot zwischen Angehörigen verschiedener
Kasten. Man unterscheidet zwischen der Kaste der Scheichs, der
Kaste der Pirs und der Kaste der Murids (allgemeinen
yesidischen Gläubigen).
Ein Bezug der Yeziden auf
Yazid ibn Muawiya aufgrund der Namensähnlichkeit ist
sachlich nicht haltbar! Allerdings gab es gewissen Sympathien
für
Yazid, da dieser die Yeziden gegen die
Muslime unterstützte. Manche Yeziden glauben, dass
Yazid ibn Muawiya vom Geist Ta´usi-Melek beseelt wurde und
betrachten ihn als Retter ihrer yezidischen Religion. Das
traditionelle, mündlich überlieferte und bis heute gern
gesungene kurdische Lied "Qadî Þero" ist nichts anderes als
eine Art Lobeshymne auf
Yazid ibn Muawiya.
Scheich Adi (1060 n. Chr.) äußerte sich auch positiv über
Yazid ibn Muawiya und bezeichnete ihn als den
tolerantesten Moslemführer nach der Ära des
Propheten Muhammad (s.),
wohingegen
Yazid aus Sicht des
Islam
der größte Verbrecher war. Anderen Yeziden ist das klar, so
dass sie sich von ihm distanzieren. Yeziden werden zuweilen
typisch islamische Namen gegeben.

Yezidischer Friedhof auf dem
Parkfriedhof Bümmerstede in Oldenburg
Foto Y. Özoguz (2014)