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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Sayyid Hassan Taqizadeh war ein
Gelehrter [faqih] im 20. Jh. im
Iran
der mit
Schah Reza Pahlavi und auch den Deutschen kooperierte.
Er wurde im September 1878 in
Täbriz
geboren. Sein Vater war ein Geistlicher, so dass der Sohn
zunächst ebenfalls ab seinem fünften Lebensjahr eine
Ausbildung zum
Hudschat-ul-Islam begann. Nebenbei lernte er traditionelle
Medizin. Doch sein Interesse an der
Westlichen Welt führten dazu, dass er Französisch und
Englisch lernte. Da die Rückständigkeit des Landes damals vor
allem der Geistlichkeit angelastet wurde, entfernte er sich
zunehmend von seiner Haltung als Geistlicher und legte eines
Tages auch seine Würden und den schwarzen
Turban,
den er als
Sayyid
trug, ab. Er wollte sich für ein westlich geprägtes
Iran
einsetzen.
Mit 20 Jahren versuchte er 1898 nach dem Tod seines Vaters
zusammen mit seinem Freund Mohammad Ali Tarbiyat in
Täbriz
eine nichtreligiöse Schule zu gründen, was aber von der
Geistlichkeit, die bis dahin das Bildungsmonopol hatte,
verhindert wurde. Daraufhin eröffnete er einen Buchladen für
westlich geprägtes Gedankengut. Ab 1902 gab er für die
Dauer eines Jahres die Zeitschrift Majmou-eye Fonoun (Almanach
der Wissenschaften) heraus, in der über neue wissenschaftliche
Entwicklungen in der
Westlichen Welt berichtet wurde.
Nach einer Reise 1904 durch verschiedene Metropole der
islamischen Welt, darunter
Istanbul,
Damaskus und
Kairo,
kehrte er mit der Überzeugung zurück, dass der
Iran
die
Westliche Welt nachahmen sollte, um modern zu werden.
Im
Iran unterstützte er die angelaufene Konstitutionelle
Revolution, obwohl die Revolutionären seinen Buchladen
niedergebrannt hatten. Nach der Gründung des ersten Parlaments
1906 wurde er als Abgeordneter von
Täbriz
gewählt. Taqizadeh setzte sich für eine Ergänzung der 1906
verabschiedeten Verfassung ein, in der die Bürgerrechte und
die Gewaltenteilung berücksichtigt werden sollten. Mit der
traditionellen Geistlichkeit legte er sich an, weil er die
Gesetzgebung vom
Islam
trennen wollte. Doch der Widerstand von
Scheich
Fadhlollah Nuri machte es Taqizadeh unmöglich, seine
Vorstellungen durchzusetzen. Letztendlich musste er in die
britische Botschaft fliehen und verließ wenig später unter
britischem Schutz den
Iran.
In London wurde er herzlich aufgenommen und er durfte an der
Universität Cambridge lehren. Die Briten wollten ihn für
zukünftige kolonialistische Pläne bereit halten.
1908 kehrte er in den
Iran
zurück und setzte sich an der Seite von Sattar Chan gegen
Mohammed Ali Schah ein, der das Parlament aufgelöst hatte.
Nach dem Sieg der konstitutionellen Bewegung wurde Taqizadeh
in das neu konstituierte Parlament gewählt. Als es im Verlauf
der späteren Auseinandersetzungen 1909 zur Hinrichtung
Scheich
Fadhlollah Nuris kam, war er möglicherweise beteiligt. Der
Hass der Bevölkerung auf ihn führte dazu, dass er wiederum
fliehen musste und wiederum in London aufgenommen wurde. 1913
siedelte er in die USA über.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde er von deutschen
Agenten kontaktiert, um ihn nach Berlin einzuladen. Taqizadeh
nahm die Einladung an, zog nach Berlin und gab zusammen mit
Mohammad Ali Dschamalzadeh und Mohammad Ghazvini die
persischsprachige
Zeitschrift Kaveh heraus. Unterstützt von den Deutschen, die sich
durch ihn eine Eindämmung des britischen Einflusses im
Iran
erhofften, gründete Taqizadeh zusammen mit anderen Exiliranern
am 29. Januar 1917 die „Deutsch-Persische Gesellschaft e.V.“
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Zeitschrift
Kaveh von der deutschen Reichsregierung nicht weiter
finanziert und 1921 eingestellt. Dennoch wurde aus Deutschland
heraus weiterhin das iranische Nationalgefühl gestärkt in der
Hoffnung, dem britischen Einfluss entgegen treten zu können.
1921 reiste Taqizadeh zurück in den
Iran
und wurde Teil der Delegation, die den Sowjetisch-iranischen
Freundschaftsvertrag von 1921 aushandelte. Er wurde zu
Schah Reza Pahlavis engsten Beratern.
Schah Reza Pahlavi setzte ihn zunächst als Gouverneur von
Chorasan, dann Botschafter in London, dann
Verkehrsminister und Finanzminister ein. Taqizadeh heiratete
1923 in Berlin eine Deutsche. Das Paar blieb kinderlos.
1933 wurde er Botschafter des
Iran
in Paris. Ab 1941 war er sechs Jahre Botschafter in London.
1950 wurde Taqizadeh Mitglied des neu gegründeten Senats. Er
lehrte parallel dazu an der Universität Teheran an der neu
gegründeten theologischen Fakultät. Er gründete die Bibliothek
des Senats und unterstützte die Gründung eines modernen
Verlagshauses mit Druckerei.
Im Alter erlitt Taqizadeh einen Herzinfarkt und war fortan
an einen Rollstuhl gebunden. Er starb am 28. Januar 1970 in
Teheran.