Juan de Segovia
  Juan de Segovia

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John of Segovia

1359 - 14.5.1458

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Juan Alfonso de Segovia oder Johannes von Segovia setzte sich als spanischer Theologe des 15. Jahrhunderts für die Position der Basler Konziliaristen ein und damit gegen die Oberhoheit des Papstes über das Konzil. Gleichzeitig ist er für einen Ansatz des Dialogs mit dem Islam in Erscheinung getreten.

Juan wurde um 1395 in Segovia in Spanien geboren, und studierte an der Universität Salamanca Artes und Theologie. Nachdem er 1422 seinen Magister der Theologie abgelegt hatte, stieg er bald zu einem der einflussreichsten Professoren der Universität von Salamanca auf. 1432 wurde er von der Universität und König Johann II. von Kastilien als ihr Repräsentant zum Basler Konzil geschickt. Dort bewährte er sich als fähigster Verteidiger der Rechte des Konzils gegenüber dem Papst. Daneben verteidigte er auch die Lehre von der jungfräulichen Wundergeburt durch Maria (a.)  und war somit der Widersacher des Juan de Torquemada.

Auf dem Konzil von Basel (1431-1449) trafen beide vehement aufeinander - Torquemada als Vertreter eines universalen päpstlichen Machtanspruchs, Segovia als Befürworter der Konzilsautorität. Segovia widersprach auch der feindlichen Einstellung Teilen der Kirche gegenüber dem Islam. Für Segovia war klar, dass man nur durch eine genaue Kenntnis des Heiliger Qur'an überhaupt in einen Dialog mit den Muslimen eintreten konnte. Und so widmete er sich gemeinsam mit dem Gelehrten [faqih] des Islam und Vorsteher der muslimischen Gemeinde seiner Heimatstadt Segovia, Isa Gidelli, einem später als spektakulär bezeichneten Projekt des ausgehenden Mittelalters: einer peniblen Neuübersetzung des Heiligen Qur'an als christlich-muslimisches Gemeinschaftsunternehmen. Zwar blieb das Fernziel die Bekehrung der Muslime, doch stand zunächst ein vertieftes Verständnis des Islams im Vordergrund. Während dieses für die Wissenschaft unersetzliche Dokument christlich-muslimischer Verständigung verschollen ist, blieb Segovias Islamtraktat erhalten. Er hatte ihn aufgrund der durch die neue Übersetzung des Heiligen Qur'an gewonnenen Erkenntnisse zu überarbeiten begonnen.

Aber auch außerhalb seines Dialogansatzes mit dem Islam suchte Segovia stets einen Weg des Ausgleiches. Als entschiedener Verfechter des Konziliarismus versuchte er zunächst den Konflikt zwischen Konzil und Papst Eugen IV., den er aus Florenz um 1435 noch kannte, zu beruhigen. Später wurde er aber einer der Hauptunterstützer der revolutionären Fraktion des Konzils. Er war anwesend als das Konzil den Papst als "hartnäckig" bezeichnete (28. Sitzung, am 1. Oktober 1437) und auch als der Papst zum Häretiker deklariert wurde (33. Sitzung, am 16. Mai 1439). Im März 1439 vertrat Juan de Segovia das Konzil in Mainz. Nachdem Papst Eugene IV. vom Konzil seines Amtes enthoben worden war, wurde er in das Komitee berufen, welches die Theologen aussuchen sollte, die den neuen Papst zu wählen hatten. Und so wurde er auch einer der 33 Theologen die am 5. November 1439 den Grafen Amadeus VIII. "der Friedfertige" von Savoyen zum historisch letzten so genannten Gegenpapst Felix V. wählten.

Segovia - inzwischen ernannt zum Kardinal - vertrat Felix V. auf der Nationalversammlung von Bourges im selben Jahr, auf den Reichstagen in Mainz 1441 und in Frankfurt 1442. Als das Schisma 1449 endete, trat er von seinem Kardinalsamt zurück und wurde vom neuen "gemeinsamen" Papst Nikolaus V. zum Titularerzbischof von Caesarea, das heißt ohne Aufgabenbereich, ernannt.

In seinem Lebensabend zog er sich in das spanische Kloster Ayton in Savoyen zurück. In dieser Zurückgezogenheit verfasst Segovia den Großteil seiner bis heute erhaltenen Schriften, die er der Bibliothek der Universität Salamanca vermachte. In diesen Jahren korrespondierte er auch mit führenden Theologen und Humanisten seiner Zeit, unter anderen Nikolaus von Kues, Jean Germain und Enea Silvio Piccolomini. Im Kloster widmete er sich vor allem dem Studium des Islam. Bei der Abfassung seines großen Werkes "Über den geistigen Kreuzzug gegen den Islam" erkannte er, dass die erste, inzwischen über 300 Jahre alte lateinische Übersetzung des Heiligen Qur'an sprachlich sehr unzuverlässig und ungenau war, und beschloss, zusammen mit dem muslimischen Gelehrten Isa Gidelli aus seiner Heimatstadt Segovia, eine neue, möglichst wörtliche Übersetzung anzufertigen. So kam das wohl spektakulärste christlichmuslimische Gemeinschaftsunternehmen des Mittelalters zustande: Isa übersetzte aus dem Arabischen ins Spanische, Johannes dann aus dem Spanischen ins Lateinische, wobei auch er nach und nach Arabisch lernte und manches Eigene zur Übersetzung beisteuerte. Diese dreisprachige Übersetzung (Arabischh-Spanisch-Lateinisch) sollte damals dem besseren Verständnis des Islam dienen.

Kurz nach der Fertigstellung der Übersetzung starb allerdings Johannes von Segovia in Ayton im Jahre 1459. Seine Bücher, darunter auch den dreisprachigen Qur'an, vermachte er seiner alten Universität in Salamanca. Doch ob er dort je ankam, ist unklar.

Als Segovias wichtigste Schrift gilt zwar die "Historia generalis concilii Basiliensis", eine umfangreiche Geschichte des Basler Konzils. Das liegt aber vor allem daran, dass sein eigentlich umfangreichstes Werk, seine Übersetzung des Heiligen Qur'an, lange Zeit als verschollen galt.

Erst im 21 Jh. wurde in einer mittelalterlichen Handschrift ein Fragment der verschollenen Übersetzung des Heiligen Qur'an entdeckt.  Der Bochumer Altsprachler und Religionsforscher im Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der RUB (CERES) Prof. Dr. Reinhold Glei hat das Fragment zusammen mit dem Freiburger Theologen Priv.-Doz. Dr. Ulli Roth herausgegeben und ausführlich kommentiert.

In einem Brief an seinen Freund, den deutschen Kardinal Nikolaus von Kues, mahnte Segovia bereits 1454: "ob man nicht von der notwendigen Verteidigung abgesehen viel mehr den Weg des Friedens als des Krieges zur Überwindung der Sekte Muhammads beschreiten solle". Nikolaus von Kues hatte in seiner Schrift "Über den Religionsfrieden" die utopische Vision einer globalen Konferenz der Religionen entworfen.

Segovia verstarb in Ayton (Aiton) am 14. Mai 1458.

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