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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Die Seele ist im Gegensatz zum
Geist
[ruh] der Teil im
Herzen
des
Menschen der unter seine eigene Kontrolle gestellt wurde,
sozusagen sein "Ich". Ziel des
Islam
ist es, das "Ich" zu überwinden zu einem gemeinsamen "Wir" im
Kleinen in der
Ehe
und im Großen in der
Ergebenheit in Gott.
Alle Menschen, auch Mann und Frau,
wurden aus einer einzigen Seele erschaffen (vgl.
Heiliger Quran 7:189).
Die Gelehrten unterschieden i.d.R. vier Entwicklungsstufen
der Seele im
Heiligen Qur'an, die der
menschlichen Entwicklung entsprechen.
- Die befehlende Seele [al-nafs al-'amara]: Jener Zustand
ist die Ausgangssituation. Wie ein wildes Pferd versucht die
Seele zunächst die Kontrolle über den "Reiter" zu gewinnen
und ihn sogar "abzuwerfen". Er befiehlt Unkontrollierbares
und Schädliches und muss "gebändigt" werden. Selbst die
reinen und fehlerfreien
Propheten kennen diesen Zustand der Seele, selbst wenn
sie ihn beherrschen und weisen darauf hin, wie z.B.
Josef
(a.) im
Heiligen Quran "...Und ich erkläre mich nicht selbst
für unschuldig. Die Seele gebietet ja mit Nachdruck das
Böse, es sei denn, mein Herr erbarmt sich. Mein Herr ist
voller Vergebung und barmherzig." (12:52-53). Im
Deutschen wird synonym der Begriff
innerer Schweinehund oder Treibseele verwendet.
- Die sich selbst anklagende Seele [al-nafs al-lawwama].
In dieser Stufe verfügt die Seele über derartige
Selbsterkenntnis, dass sie ihre eigenen Schwächen sieht und
sich selbst tadelt um das "Selbst" bzw. das "Ich" zu
überwinden. Dieser Seelenzustand ist bereits derart
entwickelt, dass auf sie geschworen wird: "Nein, Ich
schwöre beim Tag der Auferstehung. Nein, Ich schwöre bei der
Seele, die sich selbst Tadel ausspricht." (75:1-2)
Im Deutschen ist dieser Zustand auch als Gewissen bzw.
Wirken des Gewissens bekannt.
- Die vernünftige Seele [al-nafs al-aqila]. In dieser
Stufe wird die Seele von der Vernunft geleitet. Der Mensch
nutzt den ihm angeborenen
Verstand zum Guten und entwickelt diesen zu einer
Vernunft, die ihn orientiert am Ziel des ewigen Lebens das
Vernünftige entscheiden lässt.
- Die inspirierende Seele [al-nafs al-mulhama]. In dieser
Stufe verfügt die Seele über die Fähigkeit zwischen den
nützlichen und schädlichen Inspirationen zu unterscheiden
und nutzt diese Fähigkeit zur eigenen Entwicklung: "..und
der Seele und dem, was sie zurechtformt und ihr ihre
Lasterhaftigkeit und ihre Frömmigkeit eingibt!"
(91:7-8). Die Freiheit ist für diese Seele die
Freiheit der
Erkenntnis und der Abwehr des Schädlichen durch
Erkenntnis und die Annahme des Nützlichen durch
Erkenntnis.
- Die befriedigte Seele [al-nafs al-mutma'inna]. In ihrer
Vervollkommnung erzielt die Seele die Zufriedenheit
ALLAHS und ist dadurch auch selbst zufrieden über die
Gnade
der Zufriedenheit: "O du befriedigte Seele, kehre zu deinem
Herrn zufrieden und mit seiner Zufriedenheit begleitet
zurück. Tritt in die Reihen meiner Diener ein, und tritt ein
in mein Paradies." (89:27-29)
- Die mit sich zufriedene Seele [al-nafs ar-radhiya]. Die
Seele selbst ist glücklich die hohe Stufe der
Gottesannäherung erreicht zu haben (vgl. 89:27-29). Diese
Stufe ist nicht zu verwechseln mit einer falschen
Selbstzufriedenheit, wie sie in der ersten Stufe eintreten
kann. Vielmehr ist die Zufriedenheit in dieser Stufe von
Göttlichkeit inspiriert.
- Die Seele, mit der Gott zufrieden ist [al-nafs
al-mardhiyya]. In der höchstmöglichen Stufe ist der absolute
Gleichklang zwischen
Geist
Gottes [ruhullah] und der eigenen Seele erreicht. Die
Seele wird zu einem vollkommenen Spiegel
ALLAHS.
Eine ähnliche Aufteilung der Seelenzustände ist unter Anderem in dem
Buch "Nafs-ul-Mutmainna" (die befriedigte Seele) von
Ayatollah Dastaghaib Schirazi zu finden.
Weitere Informationen zur Seele sind zahlreich: Am
Tag der Auferstehung wird jede Seele für sich alleine
auftreten (2:48, 2:123) und jeder Seele wird vergolten, was
sie verdient in Gerechtigkeit (3:30, 3:161).Keine Seele
wird schwerer belastet als sie es ertragen kann (2:233, 2:286,
6:152, 7:42, 65:7) aber jede Seele wird den
Tod
zu spüren bekommen (3:185, 21:35, 29:57). Es sind Boten
Gottes,
welche die Seele dann abholen (6:61). Und dann wird jede Seele
wissen, was sie getan hat (82:5).
Eine weitere Erwähnung des Begriffs "Seele" erfolgt bei der
Mubahala: "Und wenn sich jemand mit dir über sie (die
Wahrheit) streitet, nachdem das Wissen zu dir kam, so sprich:
'Kommt her, lasst uns rufen unsere Söhne und eure Söhne unsere
Frauen und eure Frauen und unsere Seelen und eure Seelen. Als
dann wollen wir zu Allah flehen und mit Allahs Fluch die
Lügner bestrafen." (Heiliger
Quran 3:61). Die Frauen des
Islam
wurden bei dem Ereignis von
Fatima (a.) repräsentiert, die Söhne des
Islam
durch
Imam Hasan (a.) und
Imam Husain (a.) und die "Seelen" des
Islam
durch
Prophet Muhammad (s.) und
Imam Ali (a.). Aus dieser Gegebenheit haben einige auf
eine "Seelenverwandtschaft" zwischen
Imam Ali (a.) und seinem eigenen
Imam,
dem
Propheten Muhammad (s.), geschlossen.
Im
Sendschreiben über die Rechte (Risalat al-Huquq) erwähnt
Imam Zain-ul-Abidin (a.) die Rechte der Seele: "Das
Recht deiner Seele dir gegenüber besteht darin, dass du sie in
den Dienst Gottes stellst; dann gibst du auch deiner Zunge ihr
Recht, deinem Gehör sein Recht; deinem Sehvermögen sein Recht;
deiner Hand ihr Recht; deinem Bein sein Recht; deinem Bauch
sein Recht; deinem Geschlecht sein Recht, und du suchst bei
alledem Hilfe von Gott."