Ramon Lull
Ramon Lull

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englisch: Lull

1232 - 1316 n.Chr.

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Ramon Lull, bzw. Raimundus Lullus war ein katalanischer Philosoph, Logiker und Theologe. Er lebte lange Zeit im mallorquinischen Kloster Santuario de Cura. Zu seinen Studien gehörte auch der Islam, wobei ihn insbesondere der Beginn einer jeden Handlung mit der Basmala sehr beeindruckte. Er gilt als früher Begründer der Orientalistik.

Er wurde Jahre 1232 auf Mallorca als Sohn eines katalanischen Ritters, der unter Jakob dem Eroberer für die Befreiung der Balearen von den Mauren gekämpft hatte, geboren. Als Vertrauter des Königs von Aragon und Katalonien, gewährt ihm sein Vater eine adlige höfisch-christliche Erziehung. Als 14-Jähriger wird er zum Pagen des Königs ernannt, genießt die Reisen des königlichen Hofes, reist gerne, erprobt sich in Turnieren und Ritterspielen ebenso wie in der Liebeskunst der Trobadors. Sinn- und Wertevermittlung erfährt er durch die ritterlichen Ideale. Als 18-Jähriger wird Ramon Lull zum Ritter geschlagen, wird Tutor und Lehrer seiner engsten Freunde, der Erbprinzen.

Höfische Beziehungen zu christlichen, philosophischen und politischen Gelehrten, zu Alfonso dem Weisen, Elisabeth von Thüringen, dem Stauferkaiser Friedrich II., ebenso wie alltägliche Konflikte und Verführungen, Konfrontation mit Ideen der Katharer, der Reconquista oder Werbungen zum Kreuzzug lassen einen sensiblen kritischen Geist erwachen. Jene Zeit wird seiner Wahrheitssuche beschrieben. Aus der Sicht christlicher Kultur, auf dem Boden einer maurischen Blütezeit seiner Heimat Mallorca, stellen sich ihm Fragen nach Recht und Unrecht, nach Verständigung.

Zu dieser Zeit ist Ramon Lull auch ein gern gesehener Gast auf allen Festen, ein gewandter Redner und Charmeur, der es darauf anlegt, besonders den Frauen zu gefallen. Als 24-Jähriger überträgt ihm der König neue Verantwortung, er wird zum Seneschall ernannt, zum ’Major Domo‘ des Freundes und Erbprinzen von Mallorca, Prinz Jaume. Die Reise des Hofstabs zu König Alfonso von Kastilien und Leon, genannt ’der Weise‘ und die Besichtigung des Klosters Cuixa mit seiner Bibliothek und Buch-Herstellungsfabrikation, Buchmalerei etc. lassen in ihm dichterische Vorlieben entstehen, wobei erste Notizen, Dichtungen von Liebe, Last und Minnesang entstehen.

Lull tritt in eine Phase intensiven Lesens und Studierens. Der ihm väterlich gesonnene König Jaume I. erkannte Lulls besondere intellektuelle Fähigkeiten aber auch dessen Schwächen sehr früh und wusste beides stets klug zu kanalisieren. So betraute er ihn mit dem Aufbau der königlichen Bibliothek und verheirate ihn mit Blanca Picany. Aus der Ehe entstammten zwei Kinder.

Von 1256 bis 1262 weilte Ramon Lull häufig bei seiner Familie auf Mallorca, die politischen Machtbestrebungen, Erbstreitigkeiten unter den Prinzen missfielen ihm. Er wandte sich den sozialen Problemen der Menschen zu, engagierte sich als Vermittler bei Streitigkeiten zwischen den auf Mallorca lebenden Christen, Muslimen und Juden.

Als 30-Jähriger soll eine Erscheinung Jesu (a.) ihn in die Einsiedelei auf den Berg Randa geführt haben, wo er in Meditation und Kontemplation verharrt. Sein Vorbild wird Franciscus von Assisi. Als initiierter Franziskaner macht sich Lull auf die Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Zweifel und Versuchungen überwindet er endgültig in Montserrat. Sein Lebensweg steht zunächst im Auftrag der Gotteserkenntnis, Wahrheitssuche im Kampf zwischen Toleranz und Missionsauftrag. Dabei formuliert er sein Lebensziel: Versöhnung der drei monotheistischen Religionen. Nicht Gegensätzliches, sondern das Gemeinsame der Religionen zu erkennen, das Wahre, das Wesentliche, ist sein Schwerpunkt, welches in "Der Heide und die drei Weisen" zum Ausdruck bringt. Die drei Weisen (ein Jude, ein Christ und ein Muslim) sind in seinem Werk vom gemeinsamen Wunsch beseelt, die Grundlage für eine universelle Religion zu finden, denn sie sind davon überzeugt, dass die Gestaltung des Gemeinwesens und die Beziehungen zwischen Staaten nur harmonisch sein können, wenn eine solche gemeinsame Grundlage gefunden wird. Insbesondere der Beginn einer jeden Handlung mit der Basmala durch die Muslime beeindruckte ihn sehr.

Ramon Lull entwickelt Realisierungsstrategien. Der arabische Sklave  Abdeslam wurde sein Lehrer. Er lernt Arabisch und studiert u.a. die Wissenschaften des Islam in den Schriften von Abu Hamid Ghazzali, Averroes und Avicenna.  Lull wurde bald ein berühmter Gelehrter und Vertrauter des von ihm erzogenen Jakob II., er unterrichtete an der Pariser Sorbonne und nahm am Konzil von Vienne teil. Dort setzte er sich für die Einrichtung von Lehrstühlen für Hebräisch, Arabisch und Chaldäisch an den Universitäten Paris, Oxford, Bologna und Salamanca ein, was ihn zu einem Begründer der westeuropäischen Orientalistik machte.

Intrigen bewegen Abdeslam zu einem Attentat auf seinen langjährigen Freund und Herrn. Lull überlebt, zieht sich in die Höhle von Randa zurück, wo er wiederum meditiert.

In jener Zeit entsteht seine Schrift zur mystisch poetischen Gottesliebe (”Vom Liebenden und vom Geliebten“) und die Suche nach intellektueller Begründbarkeit des christlichen Glaubens wachsen in Ramon Lull parallel. Dieses Werk Lulls ist stark vom islamischen Sufismus beeinflusst.

Trotz Rückzug aus dem profanen Leben findet Lull immer wieder die Unterstützung des königlichen Freundes. 1276 kann er das Kloster Miramar gründen, ein Ort der Schulung für Mönche, die seine Ideen zur Verständigung mit dem Fremden realisieren sollen. Ramon Lull unternimmt umfangreiche Reisen, nach Avignon, Pisa, Paris, Rom, Neapel, Jerusalem und Budschia (Nordafrika) - lehrt an Universitäten, erweitert seine Kenntnisse der arabischen Medizin, Alchemie und Philosophie, begeistert sich für die Kunst der Sufis, stellt sich der Kritik und Diskussion von Päpsten und Königen und versucht selbst immer wieder im Dialog mit Andersgläubigen seine Theorien in die Praxis umzusetzen.

1314 begab er sich im Auftrag Jakobs II. auf eine Reise nach Tunis. Auf dieser Reise wurde er 1315 von einer aufgebrachten Menge Moslems in Bougier (Algerien) gesteinigt. Ihm gelang die Flucht. Als 84-Jähriger erliegt er Anfang 1316 den Folgen einer Steinigung, auf dem Schiff von Tunis nach Mallorca. Seine Grabstätte befindet sich in der Basilika Sant Francesc in Palma. Der Grund seiner Steinigung wird in den Quellen nicht angegeben. Es könnte aber damit zusammenhängen, dass er gegen Ende seines Lebens durchaus eine "Mission mit dem Schwert" (missio per gladium) vertrat.

Kurz nach seinem Tod setzte die katholische Inquisition verschiedene Schriften Lulls auf den Index der verbotenen Bücher. Ramon Lull wurde verdächtigt, den christlichen Glauben ’mit notwendigen Gründen’ rational beweisen und dadurch den Glauben abschaffen zu wollen. Allen voran bekämpfte der spanische Dominikaner-Inquisitor Nikolaus Eymerich den ’Häretiker’ und seine Lehre als ’Eingebungen des Teufels’. In den Jahrhunderten, in denen Lulls Schriften offiziell verboten waren, wurden seine Werke heimlich studiert und kopiert. Später wurde Lull rehabilitiert und 1847 bestätigte Papst Pius IX. die Seligsprechung.

Im Volk wurde Ramon Lull schon bald nach seinem Tode wie ein Heiliger verehrt, spätestens als 1350 bei einer Feuersbrunst in der San-Francisco-Kirche in Palma sein Grab verschont blieb.

Von seiner Lehre ist u.a. hinterbleiben, dass er als Logik bezeichnete Lullus die Kunst und die Wissenschaft, mit Hilfe des Verstandes Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, Wahrheit zu akzeptieren und Lüge von sich zu weisen.

Diese Kunst, die er "große Kunst" nannte und gleichzeitig der Titel für sein Werk Ars magna (dt.: "Große Kunst") wurde, lief auf die Idee des mechanischen Kombinierens von Begriffen mit Hilfe einer logischen Maschine hinaus. Lullus selbst konstruierte eine solche "logische Maschine", die aus sieben um ein Zentrum drehbaren Scheiben bestand. Auf jeder dieser Scheiben waren Wörter notiert, die verschiedene Begriffe, z.B. Mensch, Wissen, Wahrheit, Ruhm, Wohl und Quantität, logische Operationen, z.B. Unterschied, Übereinstimmung, Widerspruch und Gleichheit, bezeichneten. Durch das Drehen dieser konzentrischen Scheiben ergaben sich verschiedene Verknüpfungen von Begriffen, die Schlussformen des syllogistischen Prinzips entsprachen. Prinzipiell kan die Lullsche Maschine als erster Computer der Welt bezeichnet werden.

Ramon Llull schrieb weit über 265 Werke in lateinischer, arabischer und altkatalanischer Sprache.

Lull gliederte die Wissenschaften in L'arbre de ciència (um 1295/96, veröffentlicht in lateinischer Sprache 1482) systematisch, wofür er die Allegorie des Baumes nutzte; diese Metapher wurde erstmals durch Petrus Hispanus († 1277) unter dem Begriff Arbor porphyriana in die Wissenschaftsgeschichte eingeführt. Bei Lull repräsentieren vierzehn Bäume die Seinsbereiche wie Elemente, Botanik, Tiere, Sinnesempfindung, Imagination, Moral, Gesellschaftslehre usw.; in zwei weiteren Bäumen werden diese Bereiche durch Beispiele (Exempla) und Sprichworte (Bonmots) veranschaulicht. Jeder Baum hat wiederum eine siebenteilige Binnengliederung, bestehend aus Wurzel, Stamm, Ästen, Zweigen, Blättern, Blüten und Früchten.

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