.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Die Gottesehrfrucht, wie der deutsche Begriff es anschaulich
ausdrückt, ist eine gleichgewichtige Mischung aus Ehre und Furcht,
dessen optimale Kombination die
Liebe
ist.
Einerseits ist der
Gläubige [mumin] beseelt davon, seinem
Schöpfer [chaliq] die größtmögliche Ehre und Hochachtung
zu erweisen. Andererseits fürchtet er, dass seine Ehrung nie
hinreichend ist, angesichts der Pracht des Herrlichen. Oft
wird der Begriff als "Gottesfurcht" oder "Demut" bezeichnet.
Der
Heilige
Qur'an stellt sich selbst als ein Buch vor, dass eine
Rechtleitung für den Gottesehrfürchtigen ist (2:2). Die
Gottesehrfurcht ist somit die in der
Natur des Menschen [fitra] verankerte Voraussetzung zur
Erkenntnis. Die Gottesehrfurcht schützt vor dem
Feuer
(2:24).
ALLAH ist mit den Gottesehrfürchtigen (2:194). Sie ist der
beste Reiseproviant durch das Leben (2:197). Hingegen ist
Stolz ein Feind der Gottesehrfrucht (2:206). Der Aufruf zur
Gottesehrfurcht gehört zu den häufigsten im
Heiligen
Qur'an genannten Begriffen und ist ein Teil der
Ansprache [chutba] des
Freitagsgebets [salat-ul-dschuma], das immer direkt oder
indirekt dem Aufruf zur Gottesehrfurcht gewidmet.
Das Gleichgewicht von Hoffnung und Furcht, die sich in der
Gottesehrfurcht ausdrücken, wird an einer anschaulichen
Überlieferung des
Propheten Muhammad (s.) verdeutlicht, der den
Gläubigen dazu aufruft, selbst wenn nur noch ein einziger
Platz im
Paradies [dschanna] zu vergeben wäre, die Hoffnung zu
haben, diesen erlangen zu können, und selbst wenn nur noch
ein einziger Platz in der
Hölle
[dschahannam] zu vergeben wäre, die Sorge zu haben, mit
diesem bestraft zu werden. Erst dieses Gleichgewicht ermöglicht
die gesunde Gottesehrfurcht zur Vervollkommnung der eigenen
Seele [nafs].
Ein Übergewicht der einen oder anderen Seite würde zum
schädlichen Übermut oder schädlicher Depression führen.
Die
Gottesehrfurcht ist auch Thema unzähliger Abhandlungen in
Epen. So beschreibt
Dschami im
Haft Aurang einen König, der einen Einsiedler aufsucht, um
sich das
Paradies [dschanna] zu verdienen und wird sein Schüler.
Wann immer er zu dem heiligen Mann ging, brachte er ein
wertvolles Geschenk mit, das der Empfänger stets zurückwies.
Der König, verwirrt und verärgert darüber, ging auf die Jagd.
Nachdem er ein paar Enten erlegt hatte, kam ihm der glückliche
Einfall, der
Asket
könne vielleicht diese einfachen, nützlichen Dinge eher
annehmen als die vorherigen reichen Zuwendungen. Als er ihm
nun die Enten darbot, lehnte der Heilige abermals ab. Endlich
verstand der König: Sinnvolle Gaben kommen aus
Gottesehrfurcht, dem einzig sicheren Weg zum
Paradies [dschanna]. Eine dazu passende Miniatur (s.u.)
wird Mirza Ali zugeschrieben.
