Amin al-Husaini
Amin al-Husaini

Aussprache: amiin al-husayniy
arabisch:
أمين الحسيني
persisch:
أمين الحسيني
englisch: Amin al-Hussayni

1893-1974 n.Chr.

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Hadsch Mohammed Amin al-Husaini ist in der westlichen Welt als Großmufti von Jerusalem bekannt gemacht worden, obwohl er diesen Titel nie hatte. Damit wurde seiner Rolle als geistiger Kopf des Widerstandes gegen die Besatzung Palästinas im Nachhinein aufgebauscht indem ihm zudem Antisemitismus angedichtet wurde.

Er ist 1893 in Jerusalem geboren und starb 1974 in Beirut. Tatsächlich verbündete er sich mit den Nazis, von denen er aufgenommen wurde, und er bestritt für Deutschland propagandistische Radiosendungen in arabischer Sprache, wobei seine Motivation eher in der Gegnerschaft zu den Zionisten als in der Freundschaft zu den Nazis lag. Jenes Engagement wurde ihm später auch von Muslimen angekreidet. In der Spätphase des Zweiten Weltkrieges half Al-Husaini auf dem Balkan bei der Mobilisierung von Muslimen für die Waffen-SS.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Al-Hussaini in mehreren europäischen Staaten als Kriegsverbrecher gesucht, fand aber Asyl in Ägypten, wo er sich dann auf die Befreiung Palästinas konzentrierte. Der unwahre Vorwurf, der Großmufti von Jerusalem hätte sich mit Nazis verbündet, wurde später noch jahrzehntelang ausgeschlachtet!

In 1913 führte al-Husseini die Pilgerfahrt nach Mekka durch und wurde seither mit dem Titel Hadschi gerufen. Bis zum Ersten Weltkrieg studierte al-Husaini islamisches Recht [scharia] an der Al-Azhar-Universität. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 trat al-Husaini in die osmanische Armee ein mit dem Ziel, das untergehende Kalifat zu schützen. Im November 1916 verließ al-Husaini die Armee und kehrte nach Jerusalem zurück, wo er bis zum Ende des Krieges blieb (siehe Foto: Bei der Arbeit in seinem Büro).

1919 nahm al-Husaini am Pan-Syrischen Kongress in Damaskus teil, wo er Emir Faisal aus dem Irak als zukünftigen König von Syrien unterstützte, da die von außen aufgeprägten nationalen Spaltungen nicht seiner muslimischen Erziehung entsprach. Ab 1920 entwickelte er sich jedoch zu einem engagierten Verteidiger der islamischen Sache. Noch im Jahre 1920 wurde er zum Mufti von Jerusalem gewählt und war dann ab 1922 Präsident des Hohen Moslemischen Rats. So war es bis 1921 sein Bestreben den Libanon, Syrien und Palästina mit Damaskus als Hauptstadt zusammen zu halten. Sein Kampf für diesen muslimischen Kernstaat brach zusammen, nachdem Großbritannien die Herrschaft über das heutige Gebiet Syriens und des Libanons im Juli 1920 gemäß dem Sykes-Picot-Abkommen an Frankreich übergab. Die französische Armee besetzte Damaskus, besiegte König Faisal und zerschlug Syrien. Danach konzentrierte al-Husaini seinen Einsatz zur Befreiung Palästinas, da er Besatzungsaktivitäten mit weitreichenden Folgen für Muslime befürchtete.

Nach antizionistischen Aufständen 1920 verurteilte die britische Militärgerichtsbarkeit eine beträchtliche Anzahl einheimische Muslime und Juden zu langen Gefängnisstrafen. Al-Husaini wurde in Abwesenheit unter dem Vorwurf, die Aufstände angeheizt zu haben zu zehn Jahren verurteilt. Ihm gelang verkleidet die Flucht nach Syrien, wo er von einem hohen Beamten der französischen Sicherheitspolizei empfangen wurde (siehe Foto).

1920 wurde die britische Militärbesatzung Palästinas durch eine so genannte Zivilverwaltung abgelöst. Herbert Louis Samuel, ein britischer Politiker und Diplomat, wurde zum ersten Hohen Kommissar des britischen Mandats für Palästina ernannt und diente in diesem Amt bis 1925. Als solcher war Samuel der erste Jude der im heiligen Land seit 2000 Jahren regierte. Er hob das Urteil gegen al-Husaini auf und akzeptierte ihn als Mufti von Jerusalem, eine Stellung, die die al-Husseini-Familie seit mehr als einem Jahrhundert innehatte. Im folgenden Jahr bestätigte Samuel ihn als Präsident des neu gebildeten obersten islamischen Rates, der die islamischen Gerichte und Schulen kontrollierte und einen großen Anteil der Gelder aus religiösen Stiftungen verwaltete.

Dieses Ernennungsverfahren wurde aus der osmanischen Tradition übernommen, um die ohnehin bestehenden Konflikte mit den Zionisten zu begrenzen. Damals ernannten die islamischen Geistlichen drei Kandidaten und der weltliche Herrscher, der Kalif, ernannte einen der drei zum Mufti. Nachdem die Briten Palästina besetzt hatten, versuchte der Hochkommissar die Rolle des weltlichen Herrscher einzunehmen. Das führte zu der außergewöhnlichen Situation, dass ein Jude, Herbert Samuel, den Mufti bestimmte. Dabei stachelten die Besatzer einen Streit zwischen dem Naschaschibi- und Husseini-Clan an und praktizierten „teile und herrsche“. Während des größten Teils der britischen Mandatszeit, schwächte der Streit zwischen diesen beiden Familien die Muslime ernsthaft.

Bei der von ihm initiierten Islamischen Weltkonferenz 1931 in Jerusalem, forderte er die Begrenzung der jüdischen Einwanderung. 1936 bildeten alle arabischen Parteien ein Oberstes Arabisches Komitee, später „Arab High Committee“ (AHC), dessen Präsident al-Husseini war. Im Peel-Plan sollte Galiläa und die Ebene Sharon als Siedlungsgebiet der Juden ausgewiesen werden, was die Palästinenser mit einem offenen Aufstand beantworteten. Al-Husseini gilt als derjenigen, dem es dann doch gelang die Muslime zu einigen und u.a. einen Generalstreik gegen die einwandernden Zionisten zu organisieren, der in einen Aufstand gegen die britische Autorität von 1936 bis 1939 mündete. Die Briten wollten al-Husseini am 17. Juli 1937 verhaften der aber noch in den Moscheebezirk des Felsendomes flüchten konnte. Kurz darauf gelang ihm die Flucht: Im Oktober 1937 floh al-Husaini verfolgt von den britischen Besatzern in den Libanon. Später initiierte al-Husaini in der muslimischen Welt eine Kampagne zur Restaurierung und Verschönerung des Felsendom. Die Gelder dienten im wesentlichen der Vergoldung der Kuppel.

Der Aufstand führte dazu, dass Großbritannien 1939 zumindest einige Zugeständnissen an die Araber machten. Die Briten gaben die Idee auf, Palästina ausschließlich als Judenstaat zu etablieren und begrenzten die jüdische Einwanderung für die nächsten fünf Jahre zumindest offiziell. Danach sollte die Einwanderung vom arabischen Einverständnis abhängig gemacht werden, woran sich die Besatzer aber nicht gehalten haben. Al-Husaini erkannte bereits damals die neuerliche Unterdrückung durch die Besatzer und lehnte die neue Politik ab.

Wenige Wochen nach Hitlers Machtergreifung 1933 suchte al-Husaini angeblich von sich aus eine Kooperation mit dem deutschen Generalkonsul im britischen Mandatsgebiet Palästinas. Damals war der unmenschliche Charakter des Nazi-Regimes für al-Husaini noch nicht absehbar und er suchte offenbar Verbündete zur Befreiung Palästinas. Später sandte al-Husaini einen persönlichen Beauftragten nach Berlin zu Verhandlungen mit den Naziführern. In wie weit er von den Nazis für deren eigenen Ziele in der Region missbraucht wurde, lässt sich nur vermuten. SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, der zweite nach Heinrich Himmler in der SS-Hierarchie, schickte im September 1937 zwei SS-Offiziere, SS-Hauptsturmführer Adolf Eichmann und SS-Obersturmführer Herbert Hagen nach Palästina. Sie kamen in Haifa an, konnten aber nur ein Transitvisum bekommen und fuhren nach Kairo. Dort trafen sie sich mit einem Mitglied der zionistischen Terrororganisation Haganah, aber der Zweck der Reise ist umstritten.

Jedenfalls musste al-Husseini 1939 aus dem Libanon in den Irak fliehen. In 1940 plante der jüdische Nationalrat in Palästina die Ermordung al-Husainis. Winston Churchill unterstützte den Plan. Im Mai 1941 wurden mehrere Mitglieder der zionistischen Terrororganisation Irgun von den Briten freigelassen, einschließlich ihres Führers David Raziel und zu diesem Zweck in den Irak geflogen. Die Mission wurde aufgegeben, als Raziel getötet wurde.

Al-Husaini floh 1941 infolge des gescheiterten deutschfreundlichen Putsches im Irak nach Deutschland, wo er in Oybin als persönlicher Gast Hitlers residierte. In Europa knüpfte er enge Kontakte zu bosnischen und albanischen Moslemführern. Er traf Joachim von Ribbentrop und wurde offiziell von Adolf Hitler am 28. November 1941 in Berlin empfangen. Nazi-Deutschland richtete dem "Großmufti von Jerusalem" ein Büro ein. Hier organisierte er Radiopropaganda für Deutschland, Spionage und Zersetzung in den islamischen Regionen Europas und des mittleren Ostens. Nach dem Sieg der Alliierten bei El Alamein rief er zum Aufstand gegen die eingewanderten Juden, die palästinensisches Land enteigneten. Diese Phase seines Lebens führte später zu zahlreichen Missdeutungen und propagandistischen Missbrauch von nationalistisch orientierten Muslimen und nationalistisch orientierten Deutschen gleichermaßen. In jener Zeit hielt er eine Rede bei der Eröffnung des Islamischen Zentralinstituts in Berlin (siehe Foto).

Ab 1943 war al-Husaini mit der Organisation und Ausbildung von bosnisch-islamischen Wehrmachtseinheiten und Waffen-SS-Divisionen befasst. Die größte war die 13. Handschar-Division (auch "Handzar"; 21.065 Mann), die ab Februar 1944 Operationen gegen kommunistische Partisanen auf dem Balkan durchführte. Die 21. "Kama"-Division (3.793 Mann) erreichte nicht die operative Stärke einer Division und wurde nach fünf Monaten aufgelöst; ihre Angehörigen wurden auf andere Einheiten verteilt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde al-Husaini angeblich von den Alliierten als Kriegsverbrecher gesucht. Er soll sich allerdings in französischer Haft befunden haben, von wo er angeblich fliehen konnte. Er erhielt Asyl in Ägypten. Zionistische Verbände forderten die Briten auf, al-Husaini als Kriegsverbrecher anzuklagen. Die Briten lehnten ab, weil sie die Beweise für zu schwach hielten.

Am 22. September 1948 rief al-Husaini im Gazastreifen eine "arabische Regierung für ganz Palästina" aus, am 1. Oktober einen unabhängigen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt. Dieser Staat wurde anerkannt von Ägypten, Syrien , dem Libanon, dem Irak, Saudi-Arabien  und dem Jemen, nicht aber von Jordanien oder einem nichtarabischen Staat. Dieser Aktivität al-Husainis dürfte es zu verdanken sein, dass er im Nachhinein mit allerlei antisemitischen Verbrechen in Verbindung gebracht wurde, denn diese Staatsgründung haben ihm die Zionisten nie verziehen.

Aus bisher ungeklärten Gründen löste Ägypten 1959 die "Arabische Regierung für ganz Palästina" auf. Al-Husaini starb 1974 in Beirut. Er wollte in Jerusalem begraben werden, aber die israelische Regierung verweigerte diese Bitte. Der spätere PLO-Führer Arafat galt als Neffe Al-Husainis.

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